ÖVP-Obmann und Kanzler Christian Stocker stellte das Thema Migration in den Mittelpunkt und betonte, dass sich die Regierung auf einen sofortigen Stopp des Familiennachzugs geeinigt habe. „Sofort heißt jetzt“, stellte Stocker klar – ungeachtet der Zweifel, ob ein solcher Schritt mit EU-Recht vereinbar sei. „Es gibt eine Klausel: Wenn Österreich überlastet ist, dann gibt es diese Möglichkeit.“

„Niemand will mehr eine Situation wie 2015“

Stocker kündigte an, dass Österreichs Notfallklausel umgehend aktiviert werde – der Familiennachzug werde gestoppt. „Niemand wolle mehr eine Situation wie 2015“, so Stocker. Dafür genüge die Unterschrift von Innenminister Gerhard Karner (ÖVP), der die entsprechende Verordnung nun ausarbeiten werde. Es habe keinen Sinn, der Bevölkerung etwas vorzumachen und so zu tun, als wäre alles in bester Ordnung, wenn es in Wahrheit nicht funktioniere, verteidigte Stocker das Vorhaben.

Auch Meinl-Reisinger warnte vor einer Überlastung der Systeme, insbesondere im Bildungsbereich. Babler hingegen betonte, dass es ebenso wichtig sei, über „Integration ab dem ersten Tag“ zu sprechen.

Die ÖVP regiert seit Jahren – warum wurde der Stopp des Familiennachzugs dann nicht schon früher umgesetzt, wenn es so einfach ist? Hat es der Partei am politischen Willen gefehlt?

„Parameter“ seit Jänner geändert

Dass die Dreierkoalition erst im zweiten Anlauf zustande kam, erklärte Außenministerin Beate Meinl-Reisinger mit veränderten Rahmenbedingungen. Im Jänner hatten die NEOS die Verhandlungen mit ÖVP und SPÖ noch abgebrochen – eine Einigung war damals nicht möglich. Nun habe sich die Situation jedoch geändert.

Auch Kanzler Christian Stocker bestätigte, dass sein Vorgänger Karl Nehammer ihm bereits gratuliert habe. Eine Rückkehr Nehammers in die Politik sei allerdings kein Thema, da dieser sich beruflich neu orientiert habe.

Kickl gescheitert – und das sei „gut so“

FPÖ-Chef Herbert Kickl, der anschließend mit der ÖVP verhandelte, konnte sich nicht durchsetzen – für Meinl-Reisinger ein klares Scheitern. Angesichts der internationalen Entwicklungen sei es positiv, dass es nicht zu einer solchen Koalition gekommen sei. Die geopolitische Lage habe sich mittlerweile spürbar verändert.

FPÖ-Chef Herbert Kickl.APA/AFP/Alex HALADA

Babler sieht Einigung als Konsequenz der politischen Lage

Während NEOS und ÖVP der SPÖ – und insbesondere Andreas Babler – zunächst das Scheitern der ersten Verhandlungsrunde anlasteten, ließ dieser die Kritik an sich abprallen. Er betonte, dass ein Prozess nötig gewesen sei und die Gespräche mit Kickl gezeigt hätten, welche politische Entwicklung sonst gedroht hätte. In der zweiten Verhandlungsrunde sei es schließlich gelungen, rasch eine Einigung und einen tragfähigen Kompromiss zu finden.

Kein Name für die Dreierkoalition

Einen spezifischen Namen für die neue Regierung wollten die drei Parteichefs nicht festlegen. Stattdessen stand das Motto im Vordergrund, gemeinsam die richtigen Entscheidungen zu treffen. Falls nötig, könne man sie einfach als „Dreierkoalition“ bezeichnen, so der Tenor.

Im Gespräch bemühten sich alle Beteiligten, mögliche Differenzen nicht in den Vordergrund zu rücken. „Wir haben ein gemeinsames Programm. Das ist weder ein hundertprozentiges SPÖ-Programm, noch ein hundertprozentiges ÖVP-Programm, noch ein hundertprozentiges NEOS-Programm. Sondern ein guter Kompromiss“, sagte Babler etwa zu der Anmerkung, dass der von ihm ausgewählte Finanzminister Markus Marterbauer in der Vergangenheit für Erbschafts- und Vermögenssteuern eingetreten war. „Die SPÖ hat Forderungen, aber wir sind jetzt in einer Regierung und das gilt auch für die SPÖ.“

Die Parteichefs von ÖVP, SPÖ und NEOS haben am Montagabend im ORF ihren ersten gemeinsamen TV-Auftritt nach der Angelobung der neuen Bundesregierung absolviert.APA/ROLAND SCHLAGER

Mein-Reisinger will mit Marterbauer auf Kaffee gehen

Meinl-Reisinger sagte dazu, sie habe sich mit Marterbauer bereits ausgemacht, „dass wir einander treffen und auf einen Kaffee gehen“. Man habe sich geeinigt und es ist natürlich ein „Ringen um einen Kompromiss“. Das Regierungsprogramm gehe aber „über den kleinsten gemeinsamen Nenner hinaus.“

Das Gemeinsame wurde auch beim Thema Budget betont. „Es gilt, das Defizitverfahren zu vermeiden“, unterstrich Stocker dazu einmal mehr. „Wir haben Maßnahmen, die nicht unbedingt die ÖVP vorgeschlagen hätte, aber es gibt einen Kompromiss“, sagte er. Das Sparvorhaben auch in der Verwaltung und den Ministerien sei „sehr ambitioniert“.

Alle drei wollen naturgemäß die gesamte Legislaturperiode durchdienen. Meinl-Reisinger verwies darauf, dass man in vielen Bereichen ja über die Legislaturperiode hinaus gedacht habe, nicht nur bei der Budgetkonsolidierung – etwa auch bei den Pensionen. „Es ist der Anspruch unserer gesamten Regierung, fünf Jahre zusammenzuarbeiten“, ergänzte Babler. Und auch der Älteste in der Runde will die ganzen fünf Jahre durchdienen: „Wir haben auch das Arbeiten im Alter festgeschrieben, so gesehen halte ich mich an das Regierungsprogramm.“