
Corona-Milliarden futsch? EU hat keine Ahnung, was aus dem Geld wurde
Jetzt wird’s peinlich: Laut EU-Rechnungshof hat Brüssel 650 Milliarden Euro an Corona-Geldern verteilt – ohne genau zu wissen, wer das Geld bekam, was damit gemacht wurde oder ob es überhaupt etwas brachte. Ein Skandal auf Kosten der Steuerzahler, der bis heute vertuscht wird.

Viele werden sich noch erinnern: Vor fünf Jahren gehörte Österreich zu den „Sparsamen Vier“ – gemeinsam mit den Niederlanden, Schweden und Dänemark. Damals, 2020, stemmten sich diese Staaten gegen die bedingungslose Milliardenflut, die Brüssel angesichts der Corona-Krise über Europa ausschütten wollte. Statt Zuschüssen forderten sie Kredite und vor allem klare Reformauflagen.
Dauerkritik am „Egoismus“ der „Sparsamen Vier“
Die öffentliche Kritik an den vier Staaten wollte kein Ende nehmen. Italiens Premier Giuseppe Conte erklärte in pathetischem Ton gegenüber politico: „Einige EU-Länder begreifen nicht die historische Herausforderung, mit der wir konfrontiert sind“. Die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel mahnte: „Kein Land kann diese Krise isoliert und allein bestehen. Unser Ziel muss jetzt sein, die Krise gemeinsam, nachhaltig und mit Blick auf die Zukunft zu bewältigen.“
Mehrere Medien sprachen von mangelnder Solidarität, nationaler Ego-Show und Populismus.

Und jetzt? Tja, jetzt zeigt sich, dass alles noch schlimmer wurde, als selbst die „Sparsamen Vier“ befürchtet haben. Der Europäische Rechnungshof hat den EU-Wiederaufbaufonds analysiert – das Ergebnis ist ein Desaster für die Idee der „bedingungslosen Solidarität“.
Das „bahnbrechende Wiederaufbauinstrument“ der EU war ein Flop
Laut Brüssel sollten damals die Mitgliedsstaaten angesichts der Coronakrise wirtschaftlich durchstarten – mit dem größten Fördertopf der EU-Geschichte – der sogenannten Aufbau- und Resilienzfazilität (ARF). Er war ein Herzstück von NextGenerationEU, das die EU-Kommission auf ihrer Homepage als „bahnbrechendes, temporäres Wiederaufbauinstrument zur Unterstützung der wirtschaftlichen Erholung Europas von der Corona-Pandemie“ anpreist. Ganze 723 Milliarden Euro wurden in diesem Rahmen bereit gestellt, rund 650 Milliarden Euro wurden bereits zugesagt.
Der aktueller Bericht des Europäischen Rechnungshofs straft alle Ankündigungen und hohen Erwartungen von damals Lügen: Das Geld wurde großteils verteilt – ohne Kontrolle, ohne Transparenz und ohne klaren Nutzen. Das „bahnbrechende Wiederaufbauinstrument“ wurde zum Rohrkrepierer – und von einem Aufschwung der europäischen Wirtschaft ist weit und breit nichts zu bemerken.

Das größte Problem: Leistung zählt kaum
Die EU zahlte nicht nach tatsächlichen Kosten oder konkreten Erfolgen, sondern nach dem Prinzip: „Wer Ziel X anklickt, bekommt Summe Y“, kritisiert der Rechnungshof. Es genügte, ein vereinbartes Zwischenziel zu melden – etwa ein Gesetzesentwurf oder eine Richtlinie. Ob das Projekt auch wirklich funktioniert, oder überhaupt abgeschlossen wurde? Egal.
Der Rechnungshof bemängelt: Die EU spricht zwar von „leistungsabhängiger Finanzierung“, doch in Wirklichkeit zählt nicht, ob ein Vorhaben erfolgreich ist, sondern nur, ob ein Zwischenschritt erledigt wurde. Fazit: „Wir sind der Auffassung, dass die ARF kein leistungsbasiertes Instrument ist“.

Niemand weiß, wie teuer Projekte wirklich sind
Ein unglaubliches Detail: Die EU-Kommission erhebt nicht einmal die tatsächlichen Kosten der Projekte. Das bedeutet: Keiner kann sagen, ob das Geld sinnvoll eingesetzt wurde – oder hinausgeworfen bzw. überhaupt benötigt wurde.
Der Rechnungshof sagt klar: Ein Kosten-Nutzen-Vergleich ist unmöglich, weil die grundlegenden Daten fehlen. Auch die oft versprochene Wirkung für Bürger und Wirtschaft kann gar nicht beurteilt werden. In diesem Sinne schreibt der Rechnungshof: „Die Wirtschaftlichkeit der Ressourcennutzung und mithin das Kosten-Nutzen-Verhältnis können nicht bewertet werden, da die Kommission keine Informationen über die tatsächlichen Kosten erhebt oder nutzt.“

Einige Länder kassieren vorab – auch wenn Projekte später scheitern
Besonders heikel: Einige Staaten erhalten ihr Geld schon vor Projektabschluss – teilweise sogar bevor ein Projekt wirklich begonnen hat. Selbst wenn später nichts umgesetzt wird, darf die EU das Geld kaum zurückfordern. Die Kommission darf nur bei eindeutigem Betrug eingreifen – nicht bei falscher Verwendung oder unvollständiger Umsetzung. Das kann dazu führen, „dass Mittel aus der ARF ausgezahlt werden, ohne dass die Mitgliedstaaten die entsprechenden Maßnahmen abgeschlossen haben“, klagt der Rechnungshof.
Zins-Schock: Steuerzahler zahlen die Rechnung bis 2058
Fast der gesamte Fonds wurde über Schulden finanziert – die Rückzahlung läuft bis 2058. Die ARF wurde „fast vollständig über eine Mittelaufnahme an den Märkten finanziert.“ Die Folge: Steigende Zinsen erhöhen die Finanzierungskosten.
Anfangs waren die Zinsen niedrig, doch das hat sich in der Zwischenzeit geändert. Der Rechnungshof warnt: „Die Finanzierungskosten für die EU könnten sich bis 2026 mehr als verdoppeln.“ Wer das bezahlt? Die Steuerzahler.
Auch in Österreich: Keine Transparenz
Österreich erhielt wie viele andere Länder Millionenbeträge aus dem ARF – doch es gibt keine genaue Übersicht, welche Projekte damit finanziert wurden, wie gut sie umgesetzt wurden oder ob sie etwas gebracht haben.
Auch hier: Kein klares Bild über Wirkung oder Nutzen.
Rechnungshof: So darf es nie wieder laufen
Die Prüfer fordern für die Zukunft: EU-Geld soll nur fließen, wenn tatsächlich Ergebnisse vorliegen – nicht bloß Zwischenberichte. Zitat: „Bei künftigen leistungsbasierten Instrumenten ist es wichtig, dass die Finanzierung eindeutig an Ergebnisse geknüpft ist.“
Überdies muss die Hilfe transparent abgewickelt werden: Es muss klar sein, wer das Geld bekommt, wofür es verwendet wird und wie viel die Maßnahmen tatsächlich kosten. Und: Die Regeln müssen für alle Länder gleich und fair gelten. Denn auch das war nicht der Fall.
Eigentlich sollte das selbstverständlich sein – aber wenn es um Steuergeld geht, niemand nachfragt und alle wegschauen… was soll’s?
Wir fassen zusammen: Die EU hat Milliarden verteilt, ohne zu prüfen, was herauskommt. Kein Überblick über Kosten, keine klare Wirkung, keine echte Kontrolle. Wer jetzt schon an den nächsten EU-Haushalt nach 2027 denkt, sollte genau hinschauen – sonst wird die nächste Milliardenrunde wieder zur Blackbox auf Kosten der Steuerzahler.
Gesamtvolumen der ARF: 723 Milliarden Euro
Bereits zugesagt: 650 Milliarden Euro
Kontrolle über reale Projektkosten: Fehlanzeige
Auszahlung auch bei halbfertigen Projekten: Ja
Zinsen steigen deutlich: Rückzahlung bis 2058
Österreich profitiert – aber ohne Erfolgsübersicht
Es kommt noch dicker: Ermittlungen, Missbrauch, Betrugsfälle
Der Bericht des Rechnungshofs wirkt heute wie ein Déjà-vu für jene, die sich 2020 gegen eine bedingungslose Milliardenvergabe ausgesprochen hatten – wie Österreich und die restlichen „Sparsamen Vier“. Schon vor dem Rechnungshofbericht wurden überdies konkrete Missbrauchsfälle bekannt.
Im April 2024 wurden in Italien und anderen Ländern insgesamt 22 Personen festgenommen, nachdem sie mutmaßlich ein kriminelles Netzwerk betrieben hatten. Dieses soll fiktive Unternehmen gegründet haben, um unrechtmäßig EU-Fördermittel aus dem ARF zu kassieren. Die Beute: Luxusimmobilien, teure Autos, Schmuck – finanziert aus EU-Geldern.
Die Europäische Staatsanwaltschaft (EPPO) leitete die Ermittlungen, betroffen waren auch Österreich, Rumänien und die Slowakei. Der Schaden: mehr als Millionen Euro.
Verzögerungen und Verwaltungspannen – Italien erneut im Fokus
Überdies hat der Europäischen Rechnungshof schon zuvor die Abwicklung in einzelnen Ländern unter die Lupe genommen. Seinem Sonderbericht 13/2024 zufolge fehlten in Italien Verwaltungskapazitäten, was die einzelnen Projekte massiv verzögerte. Der tatsächliche Zeitaufwand wurde unterschätzt, was zu Umsetzungsstaus führte. Externe Effekte wie Inflation oder Lieferprobleme erschwerten den Fortschritt.
Die Folge: Bis Ende 2023 war überhaupt erst etwa die Hälfte der bewilligten Mittel bei den Endempfängern angekommen. Und: Viele Mitgliedstaaten lieferten keine klaren Informationen darüber, wo sich die Mittel gerade befinden – eine transparente Nachverfolgung ist so praktisch unmöglich.
Schon damals wurde auf eines der größten strukturellen Probleme hingewiesen: Einige Staaten erhielten große Summen, obwohl Projekte noch nicht abgeschlossen wurden. Die ARF-Verordnung erlaubt keine Rückforderung, wenn die vereinbarten Zwischenziele formal erreicht wurden – selbst wenn das Projekt nie beendet wird.
Letzter Warnruf: Milliardenrisiken bleiben – Kontrolle fehlt
Der Fall Italien zeigt: Nicht nur abstrakte Risiken, sondern konkreter Missbrauch, Verzögerung und Intransparenz sind längst Realität.
Zuletzt wäre da noch die Frage, inwiefern die verschleuderten Unsummen bei der Überwindung der Corona-Krise geholfen haben. Damit wurde das Mammut-Projekt nämlich ursprünglich begründet und seine angebliche Dringlichkeit unterstrichen.
Nun, das weiß heute wirklich niemand mehr – und es scheint auch keinen zu interessieren. Außer jene, die zahlen müssen. Es ist das teuerste EU-Experiment der Geschichte – und keiner will dafür verantwortlich sein.
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