Die alle zwei Jahre stattfindenden ÖH-Wahlen sind immer wieder ein Trauerspiel – kaum jemand interessiert sich für sie und doch verfügt die ÖH über massive finanzielle Ressourcen dank der Pflichtbeiträge, welche jeder inskribierte Student pro Semester bezahlen muss.

Auch dieses Jahr erreichte wieder der SPÖ-nahe „Verband Sozialistischer Student:innen in Österreich” (VSStÖ) den ersten Platz – und gewann noch an 4% Stimmenanteil hinzu.

An fast allen Universitäten erhielten sie ein Drittel der Stimmen und wurden somit erstplatziert. Lediglich in den Kunstuniversitäten unterlagen sie den Grünen Studenten (der GRAS), welche insgesamt mit 18 % Drittplatzierte bei den ÖH-Wahlen wurden.

Die zweitplatzierte (und inoffiziell ÖVP-nahe) Aktionsgemeinschaft (AG) konnte nur innerhalb der Universität Innsbruck, der Veterinärmedizinischen Universität Wien, der Fachhochschule des bfi Wien und der Wirtschaftsuniversität Wien den Wahlsieg davontragen.

AG war bis 2019 erstplatziert - dann kam Corona und der ÖVP-Absturz

Man möchte bei solchen Ergebnissen meinen, dass die Studenten völlig in der Wokeness versinken.

Doch ein Blick in die Vergangenheit lohnt sich: bis 2019 waren nicht die linken Studenten diejenigen, welche erstplatziert wurden, sondern die mittige AG, welche für Service- statt Identitätspolitik wirbt. Erst ab den Wahlen in 2021 kam der Absturz der Mitte – zeitgleich mit Corona und niedrigeren Wahlbeteiligungen bei den ÖH-Wahlen. Die AG scheint ihre Wähler an die Nichtwählerschaft zu verlieren und die linken Listen profitieren davon – allen voran die Sozialisten.

Doch ist es allein der Schatten der ÖVP, der ihnen schadet?

AG ist nicht mehr AG

Während sich die Aktionsgemeinschaft in der Vergangenheit gegen das Gendern ausgesprochen und auf ihrer Website christliche Werte plädiert hat, findet sich auf der neuen Website keine Spur mehr davon. Im Wahlprogramm benutzt die AG sogar selbst die Genderdoppelpunkte.

Damit zieht ihr Bund nur dem nach, was sich bereits über Jahre hinweg in ihren lokalen Gruppen entwickelt hat: eine Verschiebung nach links. An der Universität Innsbruck hat die AG bereits vor einem Jahrzehnt für die Eröffnung des Queerreferats gestimmt (eine Vertretung der Studenten, welche die Gelder für LGBTQ-Projekte an der Universität aufwendet).

Freunde machen sie sich damit keine – ihr Stimmenanteil sinkt, ihre Wähler gehen aber auch zu keinen anderen Listen über. Sie scheinen mehrheitlich daheim zu bleiben. Der FPÖ-nahe Ring freiheitlicher Studenten (RFS) kann von den AG-Verlusten wohl weniger profitieren, als sie es sich wahrscheinlich erhoffen würden.

Auszug aus dem Wahlprogramm 2025 der AG, in welchem das Wort Tutor mit Genderdoppelpunkt beschmückt wurde.Bildschirmaufnahme mit Quellenangabe, öffentliches Wahlprogramm/Tamara Todorovic