Die Broschüre mit dem Titel “Nazis hassen diese Tricks. 20 Überlegungen zum Vorgehen gegen Rechtsextremismus” ist öffentlich zugänglich. Sie findet sich auf der Website des Bundesprogramms “Demokratie leben”. Das Familienministerium und das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben finanzierten das Werk. Doch es geht weit über Aufklärung hinaus: Gegner linker Ideologien werden pauschal als “Rechtsextreme” abgestempelt.

Die deutsche Antifa-Aktivistin Maja T. (Bild) vor Gericht in Budapest. Der Vorwurf: Gewalttätige Angriffe auf mutmaßliche Neonazis auf den Straßen der ungarischen Hauptstadt.APA/AFP/Attila KISBENEDEK

Kritiker der Klimapolitik sind "Nazis"

“Nazis” seien laut der Broschüre nicht nur Neonazis, sondern auch Menschen, die eine “Deindustrialisierung Deutschlands befürchten”. Kritiker der Klimapolitik gelten demnach als extrem rechts. Was ebenfalls deutlich wird: Klimapolitik ist radikal, sie soll das Gesellschaftssystem, die Produktionsverhältnisse und unser Konsumverhalten umkrempeln. Wer sich gegen die massiven staatlichen Eingriffe wehrt, wird ebenfalls als “Rechtsextremer” abgestempelt, denn er lehnt es “kategorisch” ab, “notwendige (!) Veränderungen in den Bereichen Produktion, Verteilung und Konsum vorzunehmen.”

Auch in Österreich kommt es bei Protesten gegen Rechts – wie jüngst am Rande des Akademikerballs in Graz – zu Gewalt gegen politisch Andersdenkende.APA/ERWIN SCHERIAU

Kampf gegen Abweichler

Die Broschüre räumt ein, dass das Wirtschaftssystem nicht einfach zu verändern sei. Doch mit “leidenschaftlicher Überzeugung” solle es gelingen. Gegner dieser Vision haben laut dem Ratgeber offenbar kein Recht auf freie Meinungsäußerung. Gegen sie gilt es nämlich gezielt vorzugehen – “beispielsweise indem man ihnen Räume und Sichtbarkeit nimmt, Druck auf zentrale Akteure aufbaut, so dass diese kürzertreten oder sich zurückziehen.”

Wer sind Nazis? Laut Broschüre auch Kritiker der KlimapolitikAPA/MAX SLOVENCIK

Aufruf zu gezieltem Druck – auch gegen Akademiker

Besonders brisant: Die Broschüre gibt konkrete Anweisungen, um politischen Gegnern “Schaden zuzufügen”. So heißt es dort etwa: “Versucht eine Erhöhung des staatlichen Kontrolldrucks bzw. sogar Verbote zu erreichen oder interne Spaltungslinien zu vertiefen.” Das Ziel sei, “Druck auf Schlüsselfiguren der Rechtsextremen aufzubauen, bis sie sich spalten oder verboten werden”.

Die Broschüre behauptet zudem, dass Rechtsextreme überall seien – selbst unter Akademikern: “Innerhalb der extremen Rechten finden sich Menschen mit ganz unterschiedlichen Hintergründen, darunter auch welche mit hoher formaler Bildung wie ÄrztInnen, AnwältInnen und ProfessorInnen.”

Auf einer bundeseigenen Seite wird der Ratgeber beworben.www.demokratie-leben.de/Screenshot

"Antifa-Stoßtrupps" gefordert, um z.B. "rechtsextremes Kampfsportstudio" zu bekämpfen

Die Broschüre ermutigt zur Organisierung neuer Antifa-Gruppen: Es gelte “die antifaschistische Bewegung zu stärken, dadurch dass man neue Mitstreiterinnen gewinnt, die Handlungskompetenz und Durchsetzungsfähigkeit steigert sowie Antifaschismus gesellschaftlich popularisiert.”

Der Ratgeber nennt konkrete Ziele für den Kampf der Antifa, etwa ein angeblich “rechtsextremes Kampfsportstudio”: “Binnen eines Jahres soll das rechtsextreme Kampfsportstudio bei uns in der Stadt dichtmachen.”

Zur Umsetzung heißt es: “Seid kreativ und entwickelt passgenaue Strategien und Taktiken. Lasst euch Eskalationsstufen offen.”

In Deutschland wird es zunehmen schwierig, nicht-rechte Veranstaltungen durchzuführen. Im Bild: Die Polizei im Einsatz.GETTYIMAGES/Sean Gallup

Regierungsfinanzierte Hetze, die zu Selbstjustiz aufruft?

Aufgedeckt wurde der Skandal von dem Publizisten Stefan Frank auf dem Blog Achse des Guten. Er fragt: “Erkennt man rechtsextreme Judoka am braunen Gürtel? Was berechtigt einen Antifa-Kämpfer, dafür zu sorgen, dass ein Studio schließen muss, wenn es gegen kein Gesetz verstößt?”

Frank, der unter anderem auch für die Jüdische Rundschau und für Mena-Watch schreibt, sieht hier eine klare Aufforderung zur Selbstjustiz: “Es ist eine Aufforderung zur Selbstermächtigung im Geiste der Stadtguerilleros und Autonomen. Wenn wir glauben, dass einer ein Feind ist, dann haben wir auch das Recht, ihm Schaden zuzufügen.”

Der Begriff “rechtsextremes Kampfsportstudio” sei dabei nur ein Platzhalter: “Es können alle möglichen aus linker Sicht missliebigen Einrichtungen sein: Büros von Parteien, Wohnungen von Parteimitgliedern oder christliche Beratungsstellen für Schwangere.”

Die deutsche Regierung finanziert somit eine Broschüre, die weit über die Bekämpfung von Extremismus hinausgeht. Sie ruft zur gezielten Einschüchterung Andersdenkender auf – finanziert mit Steuergeld.

Nazis hassen diese Tricks/Screenshot