
Deutsche Tech-Größen warnen in Brandbrief: „Letzte Chance für faire Märkte“
In einem Brandbrief an Kanzler Merz warnen führende Digitalunternehmen vor einem Ausverkauf europäischer Werte: Der Digital Markets Act dürfe nicht zur Verhandlungsmasse im Zollstreit mit den USA werden.
Die deutsche Tech-Szene ist in Aufruhr: Führende Gründer und Manager von Unternehmen wie Zalando, Personio, Ecosia oder GetYourGuide haben sich in einem eindringlichen Schreiben an Bundeskanzler Friedrich Merz gewandt. Ihr Appell: Die Bundesregierung soll verhindern, dass die europäische Wettbewerbskontrolle im Digitalsektor zur Verhandlungsmasse im Zollkonflikt mit den USA wird.
Der Hintergrund ist folgender: Die EU-Kommission erwägt offenbar, US-Konzernen mehr Mitspracherecht bei der Umsetzung des Digital Markets Act (DMA) einzuräumen – als Zugeständnis im Streit um drohende Strafzölle.
In dem Brandbrief, der dem Handelsblatt vorliegt, warnen die Firmenchefs unmissverständlich: „Es sei ‚vielleicht die letzte Chance, die Macht von Digital-Monopolen zu begrenzen und neue Geschäftsfelder von KI bis Robotik für die deutsche und europäische Wirtschaft zu erschließen‘“, schreiben die Unterzeichner.
Hinterzimmer-Deals gefährden Europas Glaubwürdigkeit
Der DMA zwingt Plattformriesen wie Apple, Alphabet oder Meta, ihre Reichweiten-Daten zu teilen, Interoperabilität zu gewährleisten und Wettbewerber nicht länger systematisch zu benachteiligen. Bei Verstößen drohen empfindliche Geldstrafen – bis zu 20 Prozent des Jahresumsatzes. Doch laut EU-Diplomaten könnte Brüssel im Tausch gegen US-Zugeständnisse beim Zoll darauf verzichten, diese Regeln konsequent durchzusetzen.
Autoindustrie unter Druck
Vor allem Berlin und Rom pochen derzeit in Brüssel auf eine weichere Linie, um vor allem die Autoindustrie vor Strafzöllen zu schützen. Doch die Digitalunternehmer stellen klar, dass dieser Kurs riskant ist: Der DMA sei „ein weltweit einzigartiger Ordnungsrahmen für digitale Plattformmärkte“, den man nicht leichtfertig aufs Spiel setzen dürfe. „Es wäre kurzsichtig, eine Einigung im Zollstreit und vermeintliche kurzfristige Vorteile für die traditionelle Industrie auf Kosten der Digital- und Innovationswirtschaft anzustreben.“
Trump macht Druck – von der Leyen laviert
Die Lage spitzt sich zu, weil die USA unter Präsident Donald Trump bereits mit 50 Prozent Strafzöllen auf europäische Waren drohen, sollte die EU nicht einlenken. Gleichzeitig kämpfen Tech-Giganten wie Meta und Apple seit Jahren gegen den DMA – und haben mit Trump nun einen Präsidenten, der ihre Position unterstützt. Meta-Chef Mark Zuckerberg spottete zuletzt, Europa habe mit seinen Regeln „Zensur institutionalisiert“ und verglich die EU mit China.
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