Die 19. Nacht im Krieg: "Bis zu 20.000 Tote in Mariupol"
Zehn bis 14 Tage. Länger seien die Russen laut britischen Regierungsinformationen nicht mehr voll kampffähig. Sie machten kaum Fortschritt – würden sogar wieder Boden an die widerstandsfähigen Ukrainer verlieren. Aber genau das mache Putins Truppen jetzt so gefährlich. Auch vergangenen Nacht hagelte es Raketen und Artilleriefeuer auf Ukrainische Städte.
“Die Ukraine verjagt Russland”, kommentiert ein britischer Experte aus dem Verteidigungsministerium. Moskau gehe die Energie aus. Worte, die auch Präsident Selenskyj gerne wiederholt. Seine “tapferen Verteidiger der Ukraine” hätten Russland furchtbaren Schaden zugefügt.
Durchhalteparolen wie diese sind in einem Krieg nichts Außergewöhnliches. Im Kreml sieht man es freilich genau andersrum. Und auch viele unabhängige Beobachter teilen die Einschätzung Moskaus. Man werde “Schritt für Schritt” den Sieg erringen. Vergangenen Nacht war vielleicht ein weiterer dieser Schritte …
Erneut tote Zivilisten
Die Bombardierungen und Blockaden wichtiger Städte gingen weiter. Die Behörden der Stadt Charkiw im Osten berichteten in der Nacht, dass bei einem russischen Luftangriff zwei Menschen getötet und ein weiterer verletzt wurden. In Tschuschujew südöstlich der Stadt wurde demnach ein Bub bei einem Angriff auf eine Jugendeinrichtung getötet. Dem ukrainischen Generalstab zufolge plant Russland verstärkte “Umgruppierungen” seiner Truppen in Richtung Charkiws.
Russland räumt erstmals ein, Städte zu erobern
Das russische Verteidigungsministerium hatte zuvor mitgeteilt, dass es sich die Eroberung der bereits eingekesselten Großstädte vorbehält. In einem solchen Fall werde es aber humanitäre Korridore zum Schutz der Zivilbevölkerung geben, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. Präsident Wladimir Putin habe bisher von einem “sofortigen Angriff” auf die Hauptstadt Kiew und andere ukrainische Großstädte abgesehen, “um große zivile Verluste zu vermeiden”.
Lage in Mariupol "unmenschlich"
In Mariupol sind nach Angaben örtlicher Behörden bisher mehr als 2000 Zivilisten getötet worden. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs am 24. Februar seien 2357 Menschen ums Leben gekommen, teilte der Stadtrat in der Nacht zu Dienstag mit. Mariupol mit etwa 400.000 Einwohnern ist seit Tagen von russischen Einheiten umzingelt und vom Rest des Landes abgeschnitten. Ukrainische Behörden berichten von heftigen Luftangriffen auf die umkämpfte Stadt am Asowschen Meer. Russland beharrt darauf, lediglich militärische Ziele anzugreifen.
Der Berater des Bürgermeisters von Mariupol, Petro Andrjuschtschenko, nannte die Lage in der Stadt “unmenschlich”: “Kein Essen, kein Wasser, kein Licht, keine Wärme.” Er befürchte viel mehr Tote – mit zunehmender Intensität der Angriffe könnte die Zahl der Opfer bis zu 20.000 betragen. Die Angaben sind nicht unabhängig zu prüfen.
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