Von Manfred Maurer

„Die größte Messe Österreichs und die renommierteste Messe Europas” – etwas großspurig bewirbt die Islamische Föderation (AIF) ihre „Kültür Fuarı“, die von 28. Mai bis 1. Juni im Dornbirner Messequartier bereits zum 18. Mal über die Bühne gehende Türkische Kulturmesse.

Brücken bauen?

In deutscher Sprache wird das Event als Festival der Völkerverständigung präsentiert: „Seit über 20 Jahren bauen wir Brücken zwischen den Kulturen”, heißt es etwa auf der Facebook-Seite der Kulturmesse. Und die dem Land Vorarlberg, der Stadt und der Wirtschaftskammer Dornbirn teilweise gehörende Messe Dornbirn preist die Veranstaltung als Beitrag für ein „harmonisches und friedliches Zusammenleben”,  der „die bestehenden Ängste und Vorurteile aus dem Weg räumen” würde.

Gefeierte Eroberungen

Ein Blick auf die türkischsprachigen Ankündigungen entlarvt die wohlklingenden Phrasen freilich als hohl. So verbreitet die AIF auf ihren Kanälen ein martialisches Sujet, das osmansiche Krieger unter der Führung von Sultan Mehmed II. zeigt. „Mehmed Fetihler Sultani” steht über dem BIld – zu deutsch: „Mehmed, der Sultan der Eroberungen”. Das ist auch der Titel einer populären Serie des türkischen Fernsehens TRT. Mehrere Schauspieler dieses Historiendramas werden in Dornbirn Autogramme geben. Damit wird allerdings  auch die unter Mehmet II. 1453 gelungene Eroberung Konstantinopels abgefeiert, welche das Ende des byzantinischen Reiches und den Beginn der osmanischen Expansion bis vor die Tore Wiens markierte.

zVg/zVg

AIF weist Kritik zurück

Während in Wien die SPÖ mit dem Argument, „islamfeindlichen und antitürkischen Ressentiments keine Bühne errichten” zu wollen, ein Denkmal für Polen-König Jan Sobieski ablehnt, dessen Heer 1683 entscheidend zur Vertreibung der türkischen Belagerer beigetragen hatte, bremst sich die Islamische Föderation nicht mit ähnlich feinfühliger Rücksichtnahme ein. AIF-Vorsitzender Abdi Tasdögen weist Zweifel an der Vereinbarkeit von Eroberungskult und Brückenbau-Versprechen zurück. Es liege in der Natur von Veranstaltungen, mit ihren Gästen zu werben, so Tasdögen zum EXXPRESS. In dem für die Messe-Werbung benützten Bild werde lediglich ein Ausschnitt einer türkischen TV-Serie gezeigt. „Weitere Interpretationen sind hier nicht angebracht”, so der AIF-Sprecher. Dabei wird diese Serie selbst in der Türkei kritisiert, weil sie nationalistische und religiöse Narrative des Erdogan-Regimes befeuern würde.

Islamistische Literatur

Nationalislamistisch geht es nicht nur bei den Mehmed-Filmen zu. Auch sonst werden auf dieser Messe extremistische Inhalte transportiert. Sie bietet weniger einen repräsentativen Querschnitt türkischer Kultur, als vielmehr einen verengten Blick auf die Türkei durch die nationalistische und islamistische Brille. Ein besonderes Augenmerk muss dabei der im Rahmen der Messe stattfindenden Buchausstellung gelten. Mit einem großen Stand vertreten sein wird der Kölner Plural-Verlag, der bei vergangenen Messen mit einschlägigen Angeboten aufgefallen ist. So berichtete die Dokustelle Politischer Islam (DIP) nach einem Besuch der 15. Kulturmesse in Dornbirn vor drei Jahren: „Auffällig umfangreich war die Anzahl von Werken der beiden Autoren Nureddin Yildiz und Ihsan Senocak, die für islamistische Positionen bekannt sind.” Der populäre türkische Prediger Yildiz verbreitet seine Lehren auch auf Deutsch über die Webseite fatwazentrum.de, wo er zum Beispiel Musikhören für „haram” (verboten) erklärt. Und zwar mit diesen Worten: „Musik, welche die Gelüste anregt, dazu führt, Falsches nachzuahmen, die Zeit zu vergeuden und von guten Taten abzulenken, ist nicht erlaubt.”

„Verfassungsfeindlich"

Der Plural-Verlag gehört der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG), deren Österreich-Filiale die Islamische Föderation ist. Dass deutsche Verfassungsschützer die IGMG dem islamischen Extremismus zuordnen, tut der  engen Kooperation nicht nur bei Kulturmessen keinen Abbruch. Die IGMG sei in Deutschland ein zugelassener und anerkannter Verein, betont AIF-Chef Tasdögen. Einige Verfassungsschutzberichte auf Bundesländerebene seien „berichtigt und der Fehler dieser Einstufung korrigiert wurden”. Tatsache ist freilich: Im jüngsten Jahresbericht des deutschen Bundesamtes für Verfassungsschutz ist die IGMG auf Seite 396 in der Liste jener Gruppierungen angeführt, „die verfassungsfeindliche Ziele verfolgen, es sich mithin um eine extremistische Gruppierung handelt”.

Hitlers „Mein Kampf"

Ein Fall für den hiesigen Verfassungsschutz wäre das Angebot der Duisburger Buchhandlung Tugra Kitabevi gewesen: An deren Stand „wurden auch mindestens sechs Exemplare einer unkommentierten türkischen Übersetzung von Adolf Hitlers ‘Mein Kampf’ angeboten”, heißt es im DPI-Bericht von der 15. Türkischen Kulturmesse. Daneben fanden die DPI-Feldforscher zahlreiche weitere Werke, „in denen Antisemitismus und Verschwörungstheorien einen breiten Raum einnahmen”. Die besagte Buchhandlung wird auch auf der kommenden Messe in Dornbirn vertreten sein.

zVg/zVg

Anleitung zum Dschihad

Ein weiterer Verkaufsstand, dessen Eigentümer die DPI nicht eruieren konnte, präsentierte sich, so der DPI-Report, „mit primär deutschsprachiger Literatur aus dem salafistischen Spektrum”, darunter das Buch „Grundwissen für Frauen“ von Rauf Pehlivan. Darin werden die Steinigung von Ehebrechern und der Kampf für die islamische Weltherrschaft propagiert. So heißt es auf Seite 332 dieses vom Bochumer Astec-Verlag vertriebenen Werkes: „Dschihad bedeutet, sich für die Herrschaft des Islam auf der Welt mit seinem Leben, Besitz und seiner Zunge auf das Äußerste anzustrengen.” Außerdem gehe es darum, die „Regierung der Kuffar” (der Ungläubigen, Anm), „zu verändern und ihre Existenz zu beenden”. Ein Aussteller der diesjährigen Kulturmesse versichert auf EXXPRESS-Anfrage, dass man diesen laut Astec-Empfehung „tollen Leitfaden für die muslimische Frau” auch heuer in Dornbirn erwerben können werde. Denn das sei „ein berühmtes Buch, das jeder hat”. Es ist freilich nicht berühmt genug, um Verfassungsschützer in Deutschland oder Österreich auf den Plan zu rufen. Bislang jedenfalls wird der Verkauf dieses islamistischen „Grundwissens” nicht unterbunden, es ist in zahlreichen Buchhandlungen im deutschsprachigen Raum erhältlich.

zVg/zVg

Hamas-Fan als Stargast

Berühmt ist auch der für kommenden Mittwoch in Dornbirn angekündigte Stargast: Osman Egin, Jurymitglied des Wettbewerbs  „Schöne Rezitation des Korans” im türkischen Fernsehen, wird auf der Kulturmesse seine eigenen Rezitationskünste zum Besten und eine Autogrammstunde geben. Egin ist nicht nur exzellenter Korankenner, er exponiert sich auch mit klaren politischen Ansagen. Im vergangenen August etwa hatte er in einem Interview mit dem türkischen Nachrichtensender 24 TV den fünf Tage davor in Teheran durch eine ferngezündete Bombe getöteten Hamas-Führer Ismail Haniye gewürdigt: „Möge das Paradies die Wohnstätte von Ismail Haniye sein. Er hat gewonnen.”  Während des Gesprächs war am Bildschirm die Parole „Auch Israel wird ein Ende haben” eingeblendet.

Koran-Rezitator Osman Egin würdigt im türkischen TV den getöteten Hamas-Führer Haniye, während am Bildschirm unten die Parole „Auch Israel wird ein Ende haben" eingeblendet ist.Screenshot/yirmidort.tv

„From the river to the sea..."

Ebenfalls klar zum israelisch-palästinensischen Konflikt positioniert hat sich die Kinderbuchautorin Jenny Molendyk-Divleli. Die aus Kanada stammende, in der Türkei lebende Konvertitin wirbt als Hijab-Fanatikerin nicht nur ganz im Sinn der IGMG offensiv für das Tragen des Kopftuches und gibt Ratschläge zur Frage „Was können wir tun, damit unsere Kinder den Hijab lieben?”, sie träumt offenbar ebenfalls vom Ende Israels. So postete sie am 8. Oktober 2023, einen Tag nach dem Hamas-Überfall auf Israel, diese unter Israel-Hassern gängige Parole: „From the river to the sea Palestine will be free”. Gemeint ist damit gemäß der Hamas-Diktion ein Palästina vom Jordan-Fluss bis zum Mittelmeer. Ein Blick auf die Landkarte zeigt, dass in dieser Vision kein Platz für Israel bleibt, also indirekt die Auslöschung dieses Staates gefordert wird.

Jenney Molendyk-Divleli postet am Tag nach dem Hamas-Überfall auf Instagram jene Hamas-Parole, die keinen Platz für Israel lässt.Screenshot/Instagram

Subtile Hamas-Propaganda

Zum von Hamas-Terroristen am Tag vor diesem Posting in israelischen Ortschaften und Kibbuzim begangenen Massenmord, zu den Vergewaltigungen und zu den 250 Geiselnahmen postete die Muslima kein Wort, während sie die israelische Gegenoffensive schon zwei Tage nach deren Beginn als „Völkermord” qualifizierte. Sechs Tage nach dem Hamas-Horror lieferte Molendyk mit einer Online-Lesung aus ihrem Buch „Coulors of Al-Quds” (Die Farben Jerusalems) eine Paradebeispiel für die subtile Spielart des politischen Islam, die schon bei den Kleinsten mit Gehirnwäsche beginnt. Das Bilderbuch mit wenig Text präsentiert Jerusalem als rein palästinensiche Stadt, jüdische und christliche Aspekte der israelischen Hauptstadt sind ausgeblendet. Der israelisch-palästinensische Konflikt wird zwar nicht direkt thematisiert, ist aber als Subtext präsent. Besonders deutlich wird dies auf der Seite, auf der ein älteres Palästinenserpaar vor einer Wäscheleine abgebildet ist, auf der mehrere Schlüssel hängen. Dazu der Text: „Die Alten bewahren ihre Schlüssel zu den Häusern, in die sie eines Tages zurückzukehren hoffen.” Das vom Plural-Verlag auf deutsch und türkisch angebotene Epos hat eine politische Funktion, wie Molendyk-Divleli selbst betont: „Angesichts der herzzerreißenden Ereignisse in den besetzten Gebieten ist es von größter Bedeutung, eine tiefe Verbindung zwischen unseren Kindern und dem Land Palästina sowie seinem widerstandsfähigen Volk zu fördern. Eine Möglichkeit, diese Verbindung aufzubauen, ist durch das Erzählen von Geschichten.” Wohlgemerkt: Sechs Tage nach dem Hamas-Blutbad auf israelischem Gebiet spricht die Meo-Muslima nur von den Ereignissen in den besetzten Gebieten.

Jenny Molendyk-Divleli mit ihrem subtil-islamistischen Jerusalem-Buch.Screenshot/Instagram

Keine Distanzierung durch AIF

Jenny Molendyk-Divleli, die auch schon Jesus zum Palästinenser erklärt hat, wird am Sonntag bei der Dornbirner Kulturmesse auftreten und für ihre Bücher werben. AIF-Vorsitzender Tasdögen will sich weder von ihren noch von Osman Egins  problematischen Einlassungen distanzieren. Er betont, „dass die AIF für unterschiedliche Meinungen offen ist und sich auch nicht von den Meinungen der Gäste vertreten sieht”. Dies bedeute auch nicht, dass die AIF sich den Meinungen der Gäste anschließe. „Problematisch und befremdlich” findet Tasdögen dagegen mit Verweis auf die israelischen Angriffe auf Gaza, „heutzutage noch über Distanzierungen zu sprechen”. Es gehe um Menschenleben, da sei „Ablenkung von Tatsachen fehl am Platz”. Dass die von manchen Stargästen und Ausstellern dieser Messe verbreitete Ideologie jenem islamischen Extremismus  entspringt, der auch in Nahost jede friedliche Lösung hintertreibt, scheint für die Veranstalter keine Rolle zu spielen.

Schweigsame Politiker

Und für die Vorarlberger Politik?  Ein am Montag an Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) und tags darauf auch an FPÖ-Landeschef Landesstatthalter Christof Bitschi  übermitteltes Ersuchen  um ein Statement zur Türkischen Kulturmesse wurde von diesen nicht beantwortet. Stattdessen erhielt der EXPRESS am Freitag lediglich eine dürre Stellungnahme der Vorarlberger Landespressestelle. Darin heißt  es: “Die Islamische Föderation (AIF) ist Teil der Islamischen Glaubensgemeinschaft Österreich (IGGÖ). Die IGGÖ ist eine gesetzlich anerkannte Religionsgesellschaft und somit die  Vertretung für die religiösen Belange der in Österreich lebenden Muslime. Der aktuelle Präsident ist ein Vertreter der Islamischen Föderation. Die AIF ist in Österreich nicht verboten und kann daher auch als Veranstalter auftreten. Die Inhalte der Veranstaltung obliegen grundsätzlich dem Veranstalter – sofern sie nicht gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen. Hinweise nehmen wir natürlich ernst. Wir haben daher Kontakt mit der Landespolizeidirektion aufgenommen und darum gebeten, sich die Sache genau anzuschauen.”

In Salzburg hatte sich die dortige LH-Stellvertreterin Marlene Svazek (FPÖ) vor einigen Wochen über eine ebenfalls von der Islamischen Föderation veranstalteten Kulturmesse noch deutlich kritischer geäußert: