EVP-Chef Manfred Weber fordert lautstark eine EU-weite Kriegswirtschaft. Angesichts wachsender Bedrohungen müsse Europa unabhängiger werden, argumentiert er – mit einem europäischen Führungskommando und zentraler Rüstungsbeschaffung.

Weber: „Müssen Denken auf Kriegswirtschaft umstellen“

Gegenüber der „Welt“ forderte Weber „eine Pflicht für gemeinsame Rüstungsbeschaffung“, sowie einen „gemeinsamen Raketen- und Drohnenschutzschirm und eine eigene europäische Satellitenüberwachung“, darüber hinaus – „eingebettet in die NATO-Strukturen“ – auch noch „ein gemeinsames europäisches Führungskommando. Ein europäischer Generalstabschef sollte die aufgerüsteten nationalen Armeen befehligen und klare Ansagen bei der Beschaffung machen können.“

Die Europäer müssten angesichts der neuen Bedrohungen aus Russland jetzt ihr „Denken auf Kriegswirtschaft umstellen“. Dies könne auch bedeuten „dass die Rüstungshersteller künftig am Wochenende im Schichtsystem arbeiten und Unternehmen, die bisher Industriegüter für zivile Zwecke hergestellt haben, künftig Waffen produzieren werden.“

„Weber (Bild) hat sein gesamtes Berufsleben in der Parteipolitik verbracht.“ Die Vorschläge des EVP-Chefs erzeugen schon seit längerem Kopfschütteln bei Prof. Kerber.APA/AFP/ FREDERICK FLORIN

Kerber: „Erstaunlich, dass EVP einen so Unkundigen solche Dummheiten sagen lässt“

Der Berliner Wirtschaftsprofessor Markus C. Kerber hält von all dem nichts. Im Gespräch mit exxpress lässt er an Weber kein gutes Haar: „Manfred Weber ist ein notorischer Dilettant.“

Bereits mit seiner Idee eines EU-Flugzeugträgers vor etwas mehr als einem Jahr habe der EVP-Chef seine Ahnungslosigkeit bewiesen. „Weber hat sein gesamtes Berufsleben in der Parteipolitik verbracht. Dass die EVP-Fraktion einen so Unkundigen ungestraft derartige Dummheiten sagen lässt, ist erstaunlich“, meint Kerber weiter.

„Brüssel nutzt die Krise für mehr Macht“

Schon in der Vergangenheit hat Kerber vor einer zunehmenden Zentralisierung durch die EU gewarnt. Diesem Ziel dienten in Wahrheit auch die milliardenschweren EU-Verteidigungspläne, die letztlich aber reines Gerede seien. „Brüssel will nur mehr Macht!“, unterstrich Kerber auf exxpressTV. Die aktuelle Krise werde genutzt, um eine Zentralregierung zu etablieren. Eine Verteidigungsunion sei die EU nie gewesen.

„Ein EU-Generalstabschef wovon?“

Auch die konkreten Vorschläge Webers hält der Polit- und Wirtschaftsexperte für haltlos: „Ein EU-Generalstabschef wovon?“, fragt er. Und zur „gemeinsamen Rüstungsbeschaffung“ durch Brüssel: „Das fällt nicht einmal in den Zuständigkeitsbereich der EU!“

Doch Kerber beruhigt: All das sei ohnehin folgenlos. „Glücklicherweise müssen alle Verteidigungsentscheidungen der EU einstimmig im Rat beschlossen werden (Art. 42 IV Vertrag über die Europäische Union). Herr Weber hat in diesem Gremium weder Stimm- noch Rederecht.“

Prof. Markus C. Kerber kritisiert seit Jahren die Pläne Brüssels, die eigene Macht auszubauen und zu zentralisieren, meist in Bereichen, für die es gar nicht zuständig ist.Prof. Markus C. Kerber/Privat