Erdoğan wirft Israel „Völkermord“ und Europa „Islamfeindlichkeit“ vor
Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzler Friedrich Merz in der Türkei, Ankara, warf der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan Israel einen Völkermord vor. In Europa soll es laut Erdoğan immer mehr „Islamfeindlichkeit“ geben, die bis zum Rassismus reiche. Der Kanzler ließ die Vorwürfe unkommentiert.
Nach einem Loblied auf die türkischen Gastarbeiter und der Erinnerung an das Anwerbeabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Türkei, sprach Erdoğan von einer gemeinsamen Sicherheitspolitik der Bundesrepublik und dem NATO-Partner Türkei. Deutschland soll der Türkei helfen 20 Eurofighter-Kampfflugzeuge zu beschaffen.
Der türkische Präsident beklagte eine wachsende „Islamfeindlichkeit“ in Europa, auch bezeichnete er den Krieg Israels gegen die islamistische Hamas als „Völkermord“. „Als Türkei haben wir den Völkermord in Gaza seit dem ersten Tag ganz oben auf der internationalen Agenda gehalten“, so Erdoğan. Kanzler Merz reagierte auf die Vorwürfe in seinem Redebeitrag mit keiner Silbe, dafür bedankte er sich bei Erdoğan für die türkische Vermittlerrolle im Nahen Osten.
Erst nach einer Pressefrage reagiert Merz
Ein türkischer Journalist wiederholte Erdoğans Vorwürfe an Deutschland und Europa: „Israel hat seit zwei Jahren systematisch in Gaza die Menschen getötet. Über 20.000 Kinder. Über 60.000 Menschen insgesamt wurden getötet. Die Städte wurden verwüstet. Millionen von Menschen sind vertrieben worden und Sie unterstützen Israel immer noch.“ Darauf reagierte Merz so: „Die Bundesrepublik Deutschland steht seit der Staatsgründung des Staates Israel fest an der Seite dieses Landes.“ „Das heißt nicht, dass wir jede politische Entscheidung einer israelischen Regierung respektieren oder akzeptieren und kritiklos annehmen und übernehmen. Sie wissen, dass auch frühere Regierungen durchaus Kritik geübt haben an einzelnen Entscheidungen“, so der Kanzler weiter.
Der Journalist griff auch den zweiten Vorwurf Erdoğans auf: „Über 3.000 Muslime wurden angegriffen und nicht nur in Deutschland, sondern in Europa insgesamt nehmen diese Angriffe zu. Werden Sie diesbezüglich Schritte unternehmen?“
Darauf Merz: „Wir sind ein offenes, ein freiheitliches, ein liberales Land. In unserem Land gilt Religionsfreiheit. Und Religionsfreiheit heißt nicht nur katholisch und evangelisch, sondern heißt natürlich auch Zugehörigkeit zum Islam.“ „Das werden die Sicherheitsbehörden genauso durchsetzen, wie die politischen Instanzen der Bundesrepublik Deutschland dies für alle gleich gewährleisten wollen“, erklärte der Kanzler.
Das, was Merz nicht hinbekommen wollte, nämlich prompt zu reagieren, gelang dann aber Erdoğan. Nach Merz’ Äußerung zu Israel betonte der türkische Präsident abermals: „Innerhalb dieses Prozesses (dem vermeintlichen Genozid) gab es leider über 60.000 tote Kinder, Menschen, ältere Menschen, Frauen und Kinder, die getötet worden sind. Und in der Hand von Hamas gibt es keine Bomben. Es gibt keine nuklearen Waffen. Aber all diese Waffen besitzt Israel.“
Es folgte ein weiterer Rundumschlag Erdoğans über die laut seiner Auffassung begangenen Verbrechen Israels. Merz schwieg erneut. Dann gaben sich die zwei Staatsmänner die Hand.
(Dieser Artikel erschien zuerst bei unserem Partnerportal nius.de.)
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