
Erster Regierungskrach? Neos blamiert nach Nehammer-Postenschacher
Die Nominierung von Karl Nehammer zum Vizepräsidenten der EU-Bank sorgt für gehörigen Ärger bei den NEOS. Die selbsternannte Transparenzpartei, die sich lautstark gegen Postenschacher und intransparente Vergaben stellt, ist nun Teil der Koalition, die den Top-Job für den Ex-Kanzler möglich gemacht hat. Ein erster Regierungskrach scheint vorprogrammiert.
Aus dem viel zitierten „Kein Weiter wie bisher” wurde ein „Weiter wie bisher” im ganz großen Stil, Postenschacher inklusive. Die Bestellung von Ex-Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) zum Vizepräsidenten der Europäischen Investitionsbank mit einem Bruttomonatslohn von satten 31.536 Euro lässt die Wogen hochgehen. Nun fragt sich ganz Österreich: Wie konnte Nehammer ohne jegliche Qualifikation diesen Top-Job ergattern? Ist er tatsächlich europaweit der beste Mann, den Wiederaufbau der Ukraine in die Hand zu nehmen, wie es der Job in Luxemburg verlangt? Oder wurde der ehemalige Kanzler einfach nur mit einem extrem gut bezahlten Arbeitsplatz versorgt? Und vor allem: Wie lief die Nominierung ab? Exxpress hat im Finanzministerium nachgefragt.
„Die Nominierung erfolgt durch das BMF”, so die Antwort. Einzig Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) ist also für die Besetzung des hoch dotierten Postens zuständig. Es braucht keine Absprache im Nationalrat und keinen Beschluss im Ministerrat.
Neos gegen „korrupte Postenvergabe"
Dass dem Finanzminister, ein studierter Ökonom, ausgerechnet Karl Nehammer, der als Studium einen Universitätslehrgang für Politische Kommunikation (MSc) der Donauuniversität Krems vorweisen kann, als Super-Banker einfällt, darf bezweifelt werden. Es drängt sich also der Eindruck auf, dass es Absprachen gibt, wie man sie seit jeher von Schwarz-Rot gewohnt ist. Dass sich auch der ideologisch weit links stehende Marterbauer und sein mit dem Marxismus sympathisierender Vizekanzler sofort in den großkoalitionären Sumpf einfinden, enttäuscht.
Ganz schlimm ist diese Besetzung allerdings für die Neos. Die selbsternannte Transparenzpartei, die lautstark gegen „korrupte Postenvergabe” auftritt, hängt nun mit der ÖVP und der SPÖ in einer Regierung und ist somit für die Nominierung von Karl Nehammer mitverantwortlich, auch wenn sie nicht mitentscheiden durfte. Aus pinken Kreisen ist zu hören, der Unmut über diese Postenvergabe sei groß und es werde ein Nachspiel geben. Welche Maßnahmen die Neos nun planen, liegt beim Klubobmann des Parlamentsklubs Yannick Shetty. Eine diesbezügliche Anfrage vom exxpress wurde bislang noch nicht beantwortet.
Auch von Shettys Stellvertreterin Stephanie Krisper hat der exxpress bislang noch keine Antwort erhalten. Diese wäre besonders interessant, da sich Krisper vor allem beim ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss (2021 bis 2024) hervorgetan hat. Es wurde sogar ein Bericht auf der Homepage der Neos zum Download bereitgestellt, der sich unter anderem mit der „intransparenten Vergabe von Posten” beschäftigt. „Was aufgedeckt wurde, was in Zukunft passieren muss und welche Lehren die Politik jetzt ziehen muss, kannst du in unserem Bericht nachlesen!”, wirbt die Partei für den Download.
Und dort geht es hochinteressant weiter: „Stell Dir vor…Du machst eine Ausbildung, entscheidest dich für den öffentlichen Dienst und leistet dort Tag für Tag gute Arbeit. Deine Erwartung ist, nach dieser Arbeit beurteilt zu werden und entsprechende Aufstiegsmöglichkeiten zu bekommen. Was du aber täglich siehst: Politisch vernetzte Kandidat:innen, die den Vorzug bekommen werden. Auswahlkommissionen, die qualifizierte Bewerber:innen aus politischen Gründen abblitzen lassen; und am Ende dadurch ungeeignete Vorgesetzte, die für Frust im Team sorgen.”
Eine Beschreibung, die nicht besser auf Nehammer als Vizepräsident der Europäischen Investitionsbank passen könnte. Die Neos können in Wahrheit nun nicht anders, als einen Rückzug der Nominierung zu fordern – ein erster Regierungskrach ist vorprogrammiert.
„Wie konnte das System des Postenschachers derart an die Spitze getrieben werden?”, lautet eine Frage auf der Homepage der Partei. Gemeint ist aber nicht Nehammer als Spitzenbanker in Luxemburg, sondern erwähnter ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss. Nun sind die Neos selber Teil des Systems, gegen das sie seit zehn Jahren auftreten. „Wir haben vor 10 Jahren NEOS gegründet, um Schluss zu machen mit Korruption, Postenschacher und politischer Einflussnahme auf die unabhängige Justiz. Unser Ziel ist ein neues Österreich mit sauberer Politik und maximaler Transparenz.” Und schon ist man selber Teil der stets kritisierten Regierung. So schnell geht das.
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