Ex-Ministerin Kneissl kritisiert Russland-Sanktionen: Sie funktionieren nicht
In einem TV-Interview mit dem türkischen Nachrichtensender TRT World übt Ex-Außenministerin Karin Kneissl scharfe Kritik an den Sanktionen gegen Russland. Darüber hinaus habe sich der Westen weder vor, noch nach der Ukraine-Invasion um eine diplomatische Einigung bemüht.
Sanktionen wollten immer „jemanden zu einer Verhaltensänderung zwingen. Hat Russland sein Verhalten geändert? Nein, hat es nicht“, sagt Kneissl. Abseits von Nordamerika, Europa und Australien beteiligen sich fast keine Staaten an den Sanktionen. Viele Akteure würden angesichts des Sanktionsregimes gegen Russland denken: Das könnte auch uns passieren, sagt Kneissl.
Einige Sanktionen würden auch aus wirtschaftlichen Gründen nicht funktionieren, etwa die verordneten Preisobergrenzen im Energiesektor: „Ich glaube fest an die Marktkräfte von Angebot und Nachfrage“, unterstreicht die ehemalige Außenministerin. „Wir sehen, dass seit der Einführung des Ölpreises im Dezember und dann im Februar dieses Jahres für das Gas nicht wirklich die Ziele erreicht wurden, die ursprünglich ins Auge gefasst worden waren.“
Mit dem Minsker Abkommen wurde Moskau getäuscht
Kneissl sieht keine echten diplomatischen Bemühungen um Einigung von Seiten Washingtons und Brüssels, und zwar sowohl vor der Ukraine-Invasion, als auch danach. In den Monaten vor der Invasion habe es „keine echte Diplomatie“ gegeben. Kneissl erinnerte an das Gespräch des russischen Außenministers Sergej Lawrow mit seiner damaligen britischen Amtskollegen Liz Truss, die sich Anfang Februar auf offener Bühne gestritten haben. „Lawrow sagte auf der Pressekonferenz: ‚Frau Truss spricht nur in Tweets.‘ Das bringt es auf den Punkt. Es gab keinen wirklichen Kontakt. Es gab nicht das, was man auf russischer Seite als Zuhören und Verstehen der Motivation des Anderen bezeichnen würde.“
Kneissl erwähnte auch, was die ehemalige deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel kürzlich über die Minsker Friedensvereinbarung von 2014 eingeräumt hat. „Sie sagte ganz unverblümt: In Minsk ging es nur darum, Zeit für die Ukraine zu gewinnen.“ Manchmal müsse man im Falle von Blockaden auch Zeit gewinnen, „aber dieser Zeitgewinn sollte niemals nur zugunsten einer Konfliktpartei und zum Nachteil der anderen Konfliktpartei sein. Minsk war also eine gewaltige Täuschung, was die Aushandlung einer Lösung angeht. Im Dezember 2022, als Angela Merkel diese Erklärung abgab, wurde sie in Russland heftig diskutiert. In den westlichen Medien wurde das überhaupt nicht diskutiert.“ Kurz: Echte Diplomatie, echte Gespräche hätten im Vorfeld nicht stattgefunden.
„Anstelle von Gesprächen sehen wir Panzer“
Karin Kneissl verwies auch auf Aussagen europäischer Politikern, wonach Russland militärisch besiegt werden müsse und der Krieg daher auf dem Schlachtfeld entschieden werden soll. „Anstelle von Gesprächen sahen wir Panzer, und das ist immer noch die Situation.“
Ebenso verwies Kneissl auf die harsche Reaktion aus Washington und Brüssel auf Chinas Friedensinitiative, die mit zwölf Punkten aufwartete. „Es wird immer irgendeine Art von Kompromiss geben, aber ich würde sagen, dass insbesondere die Art und Weise, wie die chinesische Initiative auf sehr unhöfliche Art und Weise zurückgewiesen wurde, uns zeigt, dass es im Moment sehr wenig Interesse von Brüssel und von Washington gibt, sich wirklich darauf einzulassen“. Dabei zeigte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sehr wohl Interesse an dieser chinesischen Initiative.
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