Exodus der Jugend aus der Ukraine: 100.000 junge Männer fliehen in zwei Monaten
Hunderttausende junge Ukrainer kehren ihrem Land den Rücken. Seit Präsident Selenskyj die Ausreise erleichtert hat, fliehen täglich Tausende – vor Krieg und Fronteinsatz. Was als Reform gedacht war, endet im Massen-Exodus. Und jetzt wächst der Druck – in Kiew, Berlin und Brüssel.
Ein junger ukrainischer Soldat blickt entschlossen – doch immer mehr Männer in seinem Alter kehren dem Krieg den Rücken.GETTYIMAGES/Anton Petrus
Ein beispielloser Exodus erschüttert die Ukraine: Seit Präsident Wolodymyr Selenskyj im August die Ausreisebeschränkungen für junge Männer gelockert hat, haben laut Daily Telegraph fast 100.000 Ukrainer im Alter von 18 bis 22 Jahren das Land verlassen – die meisten über Polen.
Polens Grenzschutz schlägt Alarm
Seit Ende August zählte die polnische Grenzschutzbehörde rund 99.000 Ausreisen – rund 1.600 pro Tag. Zum Vergleich: Die britische Armee verfügt insgesamt über etwa 70.000 Soldaten. Auch Deutschland registriert einen sprunghaften Anstieg: Bis Oktober wöchentlich 1.400 bis 1.800 junge Ukrainer ein, berichtete BR24.
Selenskyjs Plan – und seine unbeabsichtigten Folgen
Ursprünglich wollte Selenskyj jungen Männern mehr Bewegungsfreiheit geben – in der Hoffnung, dass sie später freiwillig in die Armee zurückkehren. Doch das Gegenteil trat ein: Die Lockerung hat eine massive Fluchtwelle ausgelöst – mitten in einer Phase, in der der Westen zunehmend kriegs- und ukraine-müde wird.
Seit Kriegsbeginn 2022 durften Männer zwischen 18 und 60 Jahren die Ukraine nicht verlassen. Nach mehr als drei Jahren Krieg senkte Selenskyj nun das Einberufungsalter von 27 auf 25 Jahre, um den Mangel an Soldaten an der Front zu beheben. Doch statt Rekruten zu gewinnen, verliert die Ukraine ihre Jugend.
Kriegsmüdigkeit wächst – in der Ukraine und im Westen
Während Russland weiterhin täglich rund 1.000 Verluste beklagt, geht der Ukraine die Kraft aus – und die Geduld. Immer mehr Menschen wollen einfach nur Frieden.
Neue Umfragen zeigen: Der Kampfeswille, der 2022 nach Beginn der Invasion noch ungebrochen war, bröckelt deutlich. Damals wollten fast drei Viertel der Ukrainer „bis zum Sieg“ weiterkämpfen – heute wünschen sich fast 70 Prozent ein Ende des Krieges durch Verhandlungen. Eine komplette Kehrtwende in nur drei Jahren.
Auch die Forscher des renommierten KIIS-Instituts beobachten erstmals einen spürbaren Rückgang der Durchhaltebereitschaft: Immer weniger Ukrainer sind bereit, „so lange wie nötig“ weiterzuleben im Ausnahmezustand. Und doch bleibt die Zerrissenheit groß: Mehr als die Hälfte der Befragten lehnt nach wie vor territoriale Zugeständnisse ab – die Menschen wollen Frieden, aber keinen Verlust ihrer Heim at. Die Ukraine ist zunehmend erschöpft, der Westen ermattet.
Berlin reagiert nervös
In Deutschland wächst die Besorgnis. CDU-Außenpolitiker Jürgen Hardt sagte gegenüber Politico: „Wir haben kein Interesse daran, dass junge ukrainische Männer ihre Zeit in Deutschland verbringen, statt ihr Land zu verteidigen.“ Die AfD, derzeit stärkste Kraft in den Umfragen, fordert ein Ende der Hilfszahlungen an Ukrainer und lehnt weitere Militärhilfe ab.
Ein Sprecher des Innenministeriums sprach von einer „ersten Phase erhöhter Migration nach Inkrafttreten der neuen ukrainischen Regelung“. Kanzler Friedrich Merz steht nun unter Druck, die Unterstützung für ukrainische Flüchtlinge zu überdenken.
Gleichzeitig bröckelt das Vertrauen gegenüber Washington, während Deutschland immer beliebter wird. Im Sommer lag laut Gallup die Zustimmung zur US-Führung in der Ukraine nur noch bei 16 Prozent – ein historisches Tief. Deutschland hingegen genießt 63 Prozent Zustimmung.
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