Am Dienstag sind 100 Tage der neuen Bundesregierung vorbei. ÖVP, SPÖ und NEOS ziehen intern offenbar eine positive Bilanz – doch bei näherer Betrachtung zeigt sich: Der Preis für die ungewöhnlich reibungsarme Koalition ist hoch. Die Probleme werden vertagt, die Bürger zur Kasse gebeten. exxpress blickt auf die ersten 100 Tage von Schwarz-Rot-Pink zurück.

Familiennachzug: „Pause“ nur auf dem Papier

Im März groß angekündigt, wurde die „Pause“ beim Familiennachzug als Zugeständnis an migrationskritische Wähler verkauft. Doch in Wahrheit hat sich wenig geändert: Die rechtlichen Grundlagen für einen echten Stopp oder wenigstens eine Reduktion wurden nie geschaffen. Die Migration über den Weg des Familiennachzugs geht weiter – trotz laufender Sparpakete für die Steuerzahler ist für Migration und Sozialhilfe offenbar mehr als genug Geld in der Staatskassa.

Österreich ist nach wie vor ein Zielland für Migranten aus aller Welt. Rückführungen oder das Durchsetzen der Dublin-Verordnung bringt die Regierung nicht zustande.APA/HERBERT P. OCZERET

Doch auch ohne bereits in Österreich befindlichem Familienmitglied (kann auch nur ein Stiefkind oder gleichgeschlechtlicher Partner sein) ist die Einwanderung ins Sozialsystem kein Problem, auch wenn die Regierung gebetsmühlenartig von einem Rückgang der Asylzahlen spricht. Die Fakten sprechen eine andere Sprache: 17.00 Menschen kamen in den vergangenen zwei Jahren über die Familienzusammenführung nach Österreich. Die Kosten dafür trägt der Steuerzahler.

Hier die konkrete Zahlen: Im ersten Quartal wurden rund 4.644 Asylanträge gestellt – ein Drittel weniger als im Vorjahr –, doch gleichzeitig erhielten 2.571 Personen einen Schutzstatus. Das bedeutet: Die Zuwanderung setzt sich im Hintergrund fort. Hauptherkunftsländer bleiben Afghanistan (37 %) und Syrien (27 %). Dass viele Antragsteller über sichere Drittstaaten einreisen, spielt keine Rolle. Dublin-Verfahren, sichere Grenzen und Rückführungen in Erstaufnahmeländer sind nicht durchsetzbar.

Der starke Zuzug verändert die Bevölkerungsstruktur Österreichs deutlich: Von den rund 9,2 Millionen Einwohnern besitzen bereits über 1,85 Millionen eine ausländische Staatsangehörigkeit, also nur knappe achtzig Prozent sind Österreicher. Während 20,2 % der Bevölkerung keine österreichische Staatsbürgerschaft haben, wurde sogar mehr als jeder Fünfte (22,7 %) im Ausland geboren.

Pensionisten zahlen mehr – das große Schweigen der SPÖ

Mit der Budgetsanierung kamen auch höhere Belastungen. Besonders betroffen sind Pensionsbezieher. Höhere Krankenkassenbeiträge treffen kleine Pensionen überproportional. Der Beitragssatz steigt von 5,1 Prozent auf 6 Prozent der Bruttopension. Im Schnitt kostet das jedem Pensionisten rund 180 Euro pro Jahr mehr. Ein politisches Tabu? Offenbar. Denn von SPÖ-Sozialpolitikern hört man zu dieser Umverteilung nach unten – nichts.

Pensionisten wird seit 1. Juni noch tiefer in die Geldbörse gegriffen.IMAGO/Zoonar

Heftige Kritik kommt von der Opposition: „Die Pensionen werden gekürzt, während eine Asylwerber-Großfamilie über 9.000 Euro monatlich kassiert, und gleichzeitig schaufeln sich Minister und Staatssekretäre Luxusdienstwägen und Posten in nie dagewesenem Ausmaß zu“, wetterte FPÖ-Chef Herbert Kickl.

Auch bei Familien wird gespart

Doch nicht nur Pensionisten, auch Familien trifft die Budgetkonsolidierung mit voller Wucht. So kostet das Aussetzen der Valorisierung von Familienbeihilfe, Kinderabsetzbetrag und Schulstartgeld laut dem gewerkschaftsnahen Momentum Institut einer Familie mit zwei Kindern im kommenden Jahr 165 Euro, im Jahr darauf 291 Euro. Setzt die Regierung die jährliche Anpassung bis 2029 aus, büßen Zwei-Kind-Familien 512 Euro ein.

Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) verteidigt diese Maßnahmen, NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger erklärt, dass für Familien ja auch jetzt etwas getan werde, nämlich mit der Bildungsoffensive. Dass diese Millionen an Steuergeldern für den Bildungsbereich fast ausschließlich in die Alphabetisierung und den Spracherwerb von Migrantenkindern fließen, wird geflissentlich verschwiegen.

Die Bildungsoffensive ist hauptsächlich für die Alphabetisierung und das Erlernen der deutschen Sprache für Kinder aus dem arabischen Raum gedacht. Hier fließen Millionen.IMAGO/IMAGO / photothek

Mietpreisbremse: Symbolpolitik statt echter Entlastung

Als „sozialer Erfolg“ wurde der Mietstopp gefeiert. Doch die ideologische Politik der SPÖ trifft nicht die ständig diabolisierten Miethaie, sondern auch private Vermieter, die Wohnraum schaffen und erhalten. Die Nebenkosten steigen laufend weiter, die Erhaltungs- und Sanierungspflichten obliegen weiterhin dem Eigentümer, für den sich eine Vermietung nicht mehr lohnt. Die Folge: Das Angebot an Wohnraum wird sich zusehend verknappen, der Bestand verfällt.

Meinl-Reisinger: Internationale Ambitionen trotz Sparkurs

Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS) verfolgt eine überschießend ambitionierte außenpolitische Agenda. So kündigte sie etwa an, rund 20 Millionen Euro für eine Kampagne auszugeben, um Österreich einen nicht-ständigen Sitz im UNO-Sicherheitsrat für die Jahre 2027/28 zu sichern, während im Inland die Österreicher sparen müssen.

Auch interessant: Österreich kündigte unter Meinl-Reisingers Leitung an, 19,3 Millionen Euro für Syrien bereitzustellen. Während humanitäre Unterstützung grundsätzlich positiv bewertet wird, sind solche Ausgaben in Zeiten von Budgetkonsolidierung und Einsparungen im Inland schwer erklärbar – auch angesichts der immer radikaler werdenden Lage in Syrien.

Meinl-Reisinger macht 20 Millionen Euro für Syrien locker.IMAGO/Middle East Images

Weiterer Kritik sah sich die Außenministerin für ihren klar pro-europäisch Kurs und der klaren Positionierung für die Ukraine ausgesetzt. Meinl-Reisinger befürwortet die EU-Aufrüstung (150 Milliarden Euro pumpt die EU in die Aufrüstung)  und stellt sich hinter das milliardenschwere EU-Aufrüstungsprogramm. Zusätzlich stellte Meinl-Reisinger in einem Interview im Ö1-Morgenjournal die immerwährende Neutralität Österreichs infrage und betonte, dass Österreich nie politisch neutral gewesen sei.

Dienstwagen-Debakel und das große Schweigen

Der NEOS-Staatssekretär Josef „Audi-Sepp” Schellhorn entschied sich ausgerechnet in Zeiten von Sparmaßnahmen zum Umstieg auf einen luxuriöseren Dienstwagen „mit mehr Beinfreiheit”. Die Reaktion der Koalition? Schweigen. Man wolle „nach außen Geschlossenheit zeigen“. Auch Schellhorns Luxusbüro mit sieben Mitarbeitern reicht dem Gastronom nicht: Er sucht nun weitere acht Mitarbeiter. Sechs Akademiker – mit dementsprechenden Gehaltsvorstellungen – und zwei Maturanten sollen das Team Sepp künftig unterstützen. Fazit: Eine fragwürdige Entwicklung der selbsternannten Transparenzpartei.

Teuerste Regierung aller Zeiten: Im Parlament mussten schmalere Sessel neu positioniert werden, um alle Regierungsmitglieder unterzubringen.APA/HANS KLAUS TECHT

Neben dem Aus für die Bildungskarenz, dem Einbehalten eines Drittels der kalten Progression, verteuerten Immobilienverkäufen, dem Aus für den Klimabonus, höherer Pauschalierung für Selbstständige, Erhöhung der Bundesgebühren für Reisepass, Führerschein, Eheschließung und Co. sowie dem vermehrten Einsatz von Steuerfahndern, die Gastronomie, Häuslbauer und Vereine mit scharfen Kontrollen ins Visier nehmen, fließen die Millionen für Förderungen meist linker Vereine, Migranten, Asylwerber und natürlich die Politiker selber weiter.

Das Fazit über die ersten hundert Tage der ÖVP-SPÖ-NEOS-Koalition möge jeder Österreicher nun selbst ziehen.