
Geheimakten enthüllen: Kennedy wollte die CIA zerschlagen
Er war wütend auf die CIA – und wollte sie vollständig zerschlagen: Nach der katastrophalen, von der CIA organisierten Invasion in Kuba schmiedete US-Präsident John F. Kennedy konkrete Pläne, um den Geheimdienst zu entmachten. Jetzt zeigen freigegebene Akten erstmals, wie ernst es ihm damit war.

„Ich will die CIA in tausend Stücke zerschlagen und in alle Winde verstreuen.“ Diese Worte stammen nicht etwa von einem Verschwörungstheoretiker – sondern von US-Präsident John F. Kennedy, wenige Tage nach dem gescheiterten CIA-Angriff auf Kuba im April 1961.
Was viele bis heute nicht wissen: Kennedy meinte das tödlich ernst – und hatte sogar einen konkreten Plan, um den mächtigen US-Geheimdienst zu entmachten. Das belegen jetzt neue, jahrzehntelang geschwärzte Dokumente, die vergangene Woche im Zuge der JFK-Aktenveröffentlichung im US-Nationalarchiv online gestellt wurden.
Top-Berater warnte: CIA wird zum „Staat im Staate“
Im Zentrum der Enthüllung steht ein bislang nur teilweise freigegebenes Memorandum des damaligen Kennedy-Beraters Arthur Schlesinger Jr., mit dem Titel: „CIA Reorganization“.
Der Historiker und Pulitzer-Preisträger warnte in dramatischen Worten: Die CIA gleiche einem „Staat im Staate“, handle ohne Kontrolle und setze sich regelmäßig über die Außenpolitik hinweg. „Ein Berater Kennedys befürchtete, dass die CIA die Macht des Außenministeriums bedrohe“, kommentiert die New York Times.

Besonders brisant: Laut Schlesinger waren fast die Hälfte aller politischen US-Botschaftsmitarbeiter getarnte CIA-Agenten – also Spione mit Diplomatenpass.
Nach der Schweinebucht: CIA entmachten oder auflösen?
Die Debatte kam auf, nachdem die CIA 1961 mit der Invasion in der Schweinebucht spektakulär gescheitert war – ein geheimer, völkerrechtswidriger Angriff auf Kuba, den die Welt als Blamage für den jungen Präsidenten wahrnahm.
Kennedy war außer sich. Und er handelte: Er ließ mehrere Berichte anfertigen, um zu prüfen, wie man die CIA auflösen, aufteilen oder zumindest der Außenpolitik unterordnen könnte – etwa nach dem Vorbild des britischen MI6, der direkt dem Außenministerium untersteht.
In einem Memorandum vom Mai 1961 schlug Schlesinger sogar harmlose neue Namen für den Geheimdienst vor, etwa: „Nationaler Informationsdienst“.

Statt Reform dem eigenen Bruder die Aufsicht übertragen
Trotz aller Kritik und Reformvorschläge wagte Kennedy am Ende nicht den radikalen Schnitt. Statt die CIA zu entmachten, beließ er ihre Strukturen weitgehend unangetastet – möglicherweise aus Sorge vor politischen Risiken im Kalten Krieg.
Ironischerweise übertrug er stattdessen seinem Bruder, Justizminister Robert Kennedy, die Aufsicht über geheime Operationen – als Leiter der „Special Group Augmented“. Die Folge: Statt Reform kam der nächste Geheimkrieg unter dem Codenamen „Operation Mongoose“, um die 1959 an die Macht gekommene kubanische Revolutionsregierung zu stürzen.
Alles lag bereit – doch am Ende fehlte der letzte Schritt
Fest steht: Die CIA wäre beinahe entmachtet worden – und blieb am Ende doch unangetastet. Aber immerhin: Ein US-Präsident wollte sie einmal wirklich zerschlagen. Am Ende fehlte der Mut.
Der US-Historiker Peter Kornbluh liefert dazu auf dem Portal Responsible Statecraft besonders viele Details zu dieser Episode – gestützt auf Originaldokumente und Insiderberichte. Kornbluh leitet das Kuba- und Chile-Dossier des National Security Archive. Er spricht von einer verpassten historischen Chance. „Hätte der Präsident auf die Warnungen gehört, als er die Gelegenheit und den Willen dazu hatte, wäre das Erbe der CIA vielleicht nicht so sehr von Korruptionsskandalen geprägt.“
Details über verdeckte Operationen erstmals zugänglich
Die bisher geschwärzten Seiten sind auch aus anderen Gründen brisant. Sie geben erstmals unzählige Details über bisher kaum oder gar nicht bekannte Operationen preis. Sie enthalten etwa „spezifische Anweisungen für CIA-Agenten zum Abhören, einschließlich der Verwendung bestimmter Chemikalien zur Herstellung von Markierungen auf Telefongeräten, die nur von anderen Spionen unter UV-Licht gesehen werden konnten“, schreibt ABC News. „Jahrzehntelang hat die CIA auf die Geheimhaltung dieser Details gedrängt, aus Angst, dass sie die Methoden der Spionage der Agentur offenbaren könnten.“
Auch die Überwachung sowjetischer Botschaften in Mexiko-Stadt wird darin beschrieben – sowie die Bemühungen, Doppelagenten aus dem Personal der sowjetischen Behörden zu rekrutieren. Man erfährt sogar die Namen und Positionen derjenigen, die rekrutiert wurden.
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