Irak erlaubt Kinderehen ab neun Jahren: Eine Frau erzählt ihre Geschichte
Der Irak hat das Heiratsalter für Mädchen von 15 auf neun Jahre herabgesetzt. Eine Irakerin, die mit dreizehn Jahren verheiratet wurde, erzählt ihre Geschichte – um zu zeigen, welche dramatischen Folgen das neue Gesetz haben kann.
Im Irak ist Kinderehe ab neun Jahren erlaubt – eine Frau erzählt ihr Schicksal. (Symbolbild)IMAGO/imagebroker
Die Frau sprach mit Jummar Media, einer unabhängigen irakischen Plattform, über ihre Kindheit, ihre Ehe und die familiäre Gewalt, die sie erlebte. Auch The Guardian veröffentlichte ihre Geschichte. Zum Schutz wurde ihr Name nicht genannt.
Mit 13 zwangsverheiratet
Sie war dreizehn, als ihre Familie entschied, sie mit einem 29-jährigen Mann zu verheiraten. Schon damals wusste das Mädchen, dass damit ihre Rechte und Freiheiten zerstört würden – ebenso wie ihre Kindheit. Zu Hause wurde das Mädchen eingeschüchtert. Ihr wurde sogar mit dem Tod gedroht, sollte sie sich widersetzen. Die Mutter wollte sie erwürgen, der Vater sie in einen Brunnen werfen. Hilfe bekam sie keine – auch nicht von ihren Tanten, die selbst als Kinder zwangsverheiratet wurden.
Aus Verzweiflung begann sie, sich selbst die Schuld zu geben. Sie hasste ihren Körper, der sie „ehefähig“ machte, und ihre Periode. In ihrer Erzählung spricht sie offen über Selbsthass und Scham.
Zwischen Hass, Verwirrung und Zuneigung
Anfangs mied das Mädchen ihren Ehemann, konzentrierte sich auf die Schule. Doch seine Freundlichkeit, seine Geschenke und seine Zuneigung verwirrten sie – all das stand im starken Kontrast zur Gewalt, die sie zu Hause kannte.
Nach einem brutalen Angriff ihres Vaters, bei dem sie mit einem Hammer und Schraubenschlüssel geschlagen wurde, zeigte ihr Mann Mitgefühl und Zärtlichkeit. „Als er ging, hasste ich ihn. Als meine Familie grausam wurde, liebte ich ihn. Das war zu viel Verwirrung für ein Mädchen in meinem Alter“, erinnert sie sich.
Manipulation und Missbrauch
Was wie Zuneigung begann, wurde zur gezielten emotionalen Manipulation. Der erste Kuss führte zu sexuellen Handlungen – und zu einer Abhängigkeit, aus der es kein Entkommen gab.
Das Mädchen war gefangen zwischen Ekel, Angst und Sehnsucht. Sie wollte ihn nicht verlieren, wollte ihn nicht enttäuschen – und fühlte sich zugleich schuldig und beschmutzt. Auch die Verantwortung, seine Lust und sein Verlangen zu stillen, musste die damals 13-Jährige tragen.
Der lange Weg in die Freiheit
Nach dreieinhalb Jahren endete die Ehe wegen familiärer Konflikte. Zuerst kämpfte sie dagegen, dann spürte sie Erleichterung – und schließlich Schuldgefühle, weil sie zu viel von sich gegeben hatte.
Erst eine Therapeutin half ihr zu verstehen, dass sie Opfer und nicht Täter war. Heute ist sie finanziell unabhängig und frei von ihrer gewalttätigen Familie.
„Meine Geschichte ist kein Einzelfall“, sagt die Frau. „Sie ist ein Vorgeschmack auf das, was das neue Gesetz im Irak bedeutet – ein Gesetz, das die Ehe mit Kindern ab neun Jahren erlaubt.“
Ihre seelischen Narben bleiben. Und das Gesetz, das Mädchen wie sie ihrer Kindheit beraubt, öffnet neue Türen für Missbrauch und Leid.
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