Die Waffenruhe im Gazastreifen soll nach Angaben des Vermittlers Katar Sonntag früh um 07.30 (Mitteleuropäische Zeit) in Kraft treten. Dies teilte ein Sprecher des katarischen Außenministeriums am Samstag auf X mit. Katar hatte gemeinsam mit Ägypten und den USA das Abkommen für eine Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas vermittelt. Es sieht auch eine Freilassung von Geiseln aus der Gewalt der Hamas vor. Im Gegenzug sollen palästinensische Gefangene aus israelischer Haft entlassen werden.

Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) und Gilad Korngold (r., Vater der Hamas-Geisel Tal Shoham) bei einer Dauerkundgebung für Hamas-GeiselnAPA/STEFAN VOSPERNIK

Bangen um Tal Shoham könnte bald zu Ende sein

Die Familie von Tal Shoham (39) kann hoffentlich bald aufatmen: Der israelisch-österreichische Doppelstaatsbürger ist laut Insidern unter den 33 Geiseln, die nun frei kommen werden. Seit dem Massaker der Hamas-Terroristen vor eineinhalb Jahren fürchten die Angehörigen um Tals Leben.

Vor allem Frauen, Kinder und alte Menschen (über 50 Jahre) sowie kranke und verletzte Zivilisten sollen am Sonntag zu ihren Familien in Israel heimkehren. Österreich hatte sich aufgrund der gesundheitlichen Probleme von Tal Shoham intensiv für dessen vorzeitige Freilassung eingesetzt. Das Außenministerium in Wien erklärte, es sei “oberste Priorität”, Shoham rasch freizubekommen. “Dazu laufen intensive Bemühungen auf allen politischen und diplomatischen Ebenen sowie im Sicherheitsbereich.” Man stehe in engem, regelmäßigem Kontakt mit Partnern in der Region. “Es gibt berechtigten Anlass zur Hoffnung. Es ist aber vernünftig, zurückhaltend zu sein, bis dies durch die Freilassung bestätigt wird”, hieß es aus informierten Kreisen.

Die Familie von Tal Shoham kann vermutlich bald aufatmen.APA/AFP/JACK GUEZ

Mehrheitliche Zustimmung trotz Widerstands

Nach dem Sicherheitskabinett hatte auch die gesamte israelische Regierung für das Abkommen mit der Hamas gestimmt. Das gab das Büro des israelischen Premierministers Benjamin Netanyahu nach einer mehr als sechsstündigen Kabinettssitzung in der Nacht auf Samstag bekannt.

Trotz des Widerstands einiger Rechtsaußen-Politiker gegen das Abkommen war mit dem Mehrheitsbeschluss der Regierung gerechnet worden. Laut einem Reporter der Agentur Axios, der sich auf ein Kabinettsmitglied auf der Nachrichtenplattform X beruft, sollen 24 Minister dafür und acht Minister gegen das Abkommen gestimmt haben.

Ministerpräsident Benjamin Netanjahu (6.v.l.) vor einer Sitzung des Sicherheitskabinetts, in der über eine Waffenruhe im Gazastreifen und die Freilassung von Geiseln abgestimmt wirdAPA/AFP/ISRAEL OUT/GPO/KOBY GIDEON / XGTY / === RESTRICTED TO EDITORIAL USE - MANDATORY CREDIT "AFP PHOTO

Der israelische Staatspräsident Yitzhak (Isaac) Herzog hatte das Sicherheitskabinett und die Regierung seines Landes dazu aufgerufen, die Vereinbarung mit der Hamas zu billigen. Er lobte die Genehmigung durch das Sicherheitskabinett und erklärte kurz nach dem Beschluss: “Von ganzem Herzen umarme ich die Familien der Geiseln, insbesondere diejenigen, die wissen, dass ihre Lieben in der ersten Phase nicht zurückkehren werden.” Israels Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir hatte kurz vor dem Treffen israelischen Medien zufolge noch an andere Mitglieder der Koalition appelliert, gegen das Abkommen zu stimmen. Er hatte zuvor auch damit gedroht, die Koalition zu verlassen, sollte der Deal genehmigt werden.

Freilassung von 33 Geiseln in erster Phase

In einer ersten Phase sollen insgesamt 33 Geiseln, die die radikalislamische Palästinenser-Organisation Hamas und mit ihr verbündete Gruppen bei ihrem Angriff am 7. Oktober 2023 verschleppt hatten, freigelassen werden. Im Gegenzug werden israelischen Angaben zufolge Hunderte palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen entlassen.

Zudem soll der wichtige Grenzübergang Rafah zwischen Ägypten und Gaza wieder öffnen und die humanitäre Hilfe für die Palästinenser deutlich aufgestockt werden. Vorgesehen ist außerdem, dass Israels Militär aus dicht besiedelten Gebieten des Gazastreifens abzieht. Die in den Süden des Küstenstreifens geflohenen Einwohner sollen sich wieder frei in Gaza bewegen und unter internationaler Aufsicht in ihre Wohngebiete im Norden zurückkehren dürfen.

Rückkehr zu Kämpfen möglich

Die Details der zweiten und dritten Phase des Abkommens wollen die Konfliktparteien in der ersten Phase klären. Uneinigkeit herrscht unter anderem in der Frage, wer künftig den Gazastreifen regieren soll. Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu sagte: “Wir haben klare Garantien von den Vereinigten Staaten erhalten, dass, wenn die Verhandlungen über Phase 2 scheitern und die Hamas unsere Sicherheitsforderungen nicht akzeptiert, wir mit der vollen Unterstützung der Vereinigten Staaten zu intensiven Kämpfen zurückkehren werden”.

Auslöser des Krieges war der Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023. Dabei wurden 1.200 Menschen getötet und 250 weitere entführt. Von den Entführten sollen sich noch 98 im Gazastreifen befinden. Bei der auf den Angriff folgenden israelischen Offensive in dem dicht besiedelten Gebiet wurden nach palästinensischen Angaben mehr als 46.000 Menschen getötet.