
Jetzt wird's zu bunt! Ganz Österreich kennt nur noch eine Fahne
Pride Month in Österreich: Logos, Stiegen, Social-Media-Profile – alles ist bunt. Einen Tag lang? Verständlich. Aber einen ganzen Monat? Das wird immer mehr Bürgern zu viel. Für viele fühlt sich die Dauerbeschallung wie Zwang an. Die Botschaft: Vielfalt. Das Gefühl: Eintönigkeit. Das zeigen zahlreiche Reaktionen in den sozialen Medien.

Von der WKO bis zur Arbeiterkammer, von den Wiener Linien bis zum Außenministerium – im Juni wird in Österreich nicht regiert, sondern lackiert. Wer in diesen Wochen sein Logo nicht in Regenbogenfarben taucht, wirkt fast schon verdächtig. Sogar Stiegen – wie jene zur Albertina – müssen jetzt „bunt“ sein. Auch das Haus des Meeres und das Museumsquartier machen mit. Vielfalt überall – oder Einheitslook mit Ansage?

Nicht alle sind begeistert. Denn aus der symbolischen Unterstützung einer Minderheit ist ein gesamtgesellschaftliches Dauerfeuer geworden. Nicht nur der 1. Juni, nicht nur eine Woche – der ganze Monat wird zum Hochamt der Selbstvergewisserung. Die Pride-Fahne hat sich zur inoffiziellen Nationalflagge entwickelt. Und wer sie nicht hisst, outet sich – aber als was?

Wenn Vielfalt zur Pflicht wird
In den sozialen Medien überschlagen sich Konzerne, Institutionen und Politiker mit Stellungnahmen. Wer schweigt, verliert. Und wer wagt, etwas zu hinterfragen, steht schnell im Verdacht, das „Falsche“ zu denken.
Doch viele Bürger denken längst anders – und sagen es auch. Erstens: Der Pride Month fühlt sich für sie zunehmend wie ein Zwang an. Zweitens: Es gäbe dringendere Anliegen. Anstatt überall mit LGBTQ+-Botschaften aufzuwarten, sollten Ministerien, Verkehrsbetriebe und Kammern sich lieber um die echten Probleme der Menschen kümmern.
Was die Bürger sagen: Bunt ja – aber bitte mit Maß
In den sozialen Netzwerken regt sich Kritik – nicht hasserfüllt, sondern oft nachdenklich, ironisch oder schlicht ehrlich.
Unter einem Facebook-Posting der Stadt Wien schreibt eine Nutzerin: „Ist ein Monat feiern für eine Minderheit nicht echt viel? Man feiert ja sonst keine Leute, die ihre Freiheit nicht genießen können… Es gäbe andere elf Jahresmonate, könnte man aufteilen… Aber es geht, glaube ich, eher um Werbung als um Freiheit.“
Ein anderer meint: „Von einer zivilisierten Stadt erwarte ich mir öffentliche Sicherheit, saubere Bahnhöfe, gute Straßen und kompetente Beamte. Weltoffen bin ich selbst – aber ich brauche mir das nicht vorschreiben zu lassen.“
Auch bei der Arbeiterkammer äußern viele Skepsis. Eine Kommentatorin schreibt: „Ich liebe ja den Regenbogen, aber inzwischen bekommt er einen Beigeschmack. Ich bin mit bunter Vielfalt aufgewachsen – aber brauchen Individualisten wirklich so eine große Bühne?“
Ein anderer bringt die globale Perspektive ein: „Jedes Land hat eine Fahne mit Farben, jede Kultur ihre Symbolik. Aber was hier passiert, wirkt wie ein erzwungenes Spektakel. Leben und leben lassen – das wär’s.“
Vielfalt ja – aber bitte ohne Widerspruch?
Dass Kritik am Dauerregenbogen nicht immer willkommen ist, zeigt ein Beispiel aus der Kunstszene. Die Albertina, deren Stufen aktuell in Regenbogenfarben leuchten, sah sich zu einer öffentlichen Stellungnahme gezwungen:
„Liebe Community, die ALBERTINA steht für Vielfalt, Toleranz und Weltoffenheit. (…) Wir bitten um Verständnis, dass wir verletzenden Kommentaren und Hassbotschaften hier keinen Raum bieten und sie daher ausnahmslos löschen.“
Ein legitimer Schutz vor Hass – oder ein Signal, dass nicht jede Meinung zur „Vielfalt“ dazugehört?
Österreich ist nicht homophob: Oscar Wilde hätte es bei uns besser gehabt
Die große Mehrheit der Österreicher hat nichts gegen homosexuelle Menschen – mit ein paar unrühmlichen Ausnahmen vielleicht. In Wahrheit hat sich hierzulande kaum je jemand dafür interessiert, was man mit wem im Schlafzimmer macht. Das gilt heute – und galt sogar schon früher.
1895, kurz vor dem Urteil gegen Oscar Wilde, empfahlen Freunde dem britischen Schriftsteller die Flucht nach Österreich. Warum? Weil er hier nicht wegen seiner Homosexualität verfolgt worden wäre. Das ist mehr als eine Anekdote – das ist eine historische Pointe.
Wilde lehnte ab. Heute würde er sich wohl wundern, wie ein ganzes Land seine Sexualität einen Monat lang feiert. Und vielleicht würde er sich fragen, warum so viel Energie in Farbe fließt – und so wenig in Bildung, Sicherheit oder soziale Gerechtigkeit.
Regenbogen ja – aber keine Dauerbeschallung
Ursprünglich wollte man Sichtbarkeit schaffen für jene, die lange unsichtbar waren. Heute fragen sich viele, ob diese „Vielfalt“ nicht längst zur Einfalt geworden ist – ein Farbschema, eine Formel.
Regenbogen? Ja, bitte. Aber Dauerregenbogen? Nein, danke. Immer mehr Menschen wird die anhaltende Beschallung einfach zu viel.
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