Ein seit dem Wochenende kursierendes Protokoll aus den Untergruppen der Regierungsverhandler hat zuletzt für Verunsicherung gesorgt. Doch wie der exxpress erfahren hat, dürfte das Dokument bereits überholt sein. Demnach sollen sich die Verhandler inzwischen in weiteren Punkten geeinigt haben.

In der Sendung “exxpress Live” nahm am Dienstag Wiens ÖVP-Chef Karl Mahrer Stellung zu den durchgesickerten Protokollen. Als erfahrener Verhandler – unter anderem bei der Regierungsbildung zwischen ÖVP und FPÖ im Jahr 2017 – zeigte er sich wenig besorgt. “Ich weiß auch, dass die natürlich da und dort geleakt werden. Aber man soll es nicht überbewerten. Denn in diesen Protokollen gibt man das wieder, was Gegenstand von Verhandlungen in Untergruppen war. Natürlich einigt man sich da nicht auf alles”, betonte Mahrer.

Gleichzeitig unterstrich der ÖVP-Landesparteiobmann die klaren roten Linien seiner Partei – insbesondere in den Bereichen EU, Außenpolitik und Extremismusbekämpfung. Diese Positionen seien in einem am Dienstag veröffentlichten “Grundlinien”-Papier der ÖVP nochmals bekräftigt worden. “Da liegen die Volkspartei und die FPÖ ganz klar auseinander”, erklärte Mahrer und forderte ein unmissverständliches Bekenntnis zur Europäischen Union sowie eine konsequente Abgrenzung von Links- und Rechtsextremen. “Da tut sich Herbert Kickl offenbar auch schwer”, kommentierte der Wiener ÖVP-Chef. Darüber hinaus sei das Vertrauen internationaler Geheimdienste in die österreichische Politik essenziell, ebenso wie der entschlossene Kampf gegen Antisemitismus.

Forderung nach Notfallsklausel

Mahrer machte zudem seine persönliche Haltung zur FPÖ deutlich. “Ich selber war ja immer kritisch zu einer Koalition – nicht mit der FPÖ, ich schätze die FPÖ als demokratisch legitimierte Partei – aber mit Herbert Kickl als möglichen Bundeskanzler, weil ich glaube, dass Herbert Kickl einfach rote Linien überschreitet, die für die Volkspartei nicht zu nehmen sind”, stellte er klar.

Ein weiteres zentrales Thema des Gesprächs war die Belastung des österreichischen Asylsystems. “Das Asylsystem ist überfordert”, stellte Mahrer fest. Besonders in Wien sei die Situation alarmierend: Fast jeder zweite Volksschüler spreche ungenügend Deutsch, das Gesundheitssystem stoße an seine Grenzen. “Das hat auch den Grund der teilweise illegalen Zuwanderung, aber auch teilweise des Familiennachzugs”, erklärte er.

Als Lösung fordert die ÖVP die Anwendung der Notfallsklausel, um eine weitere Überlastung nationaler Systeme zu verhindern. Dabei betont Mahrer jedoch, dass man sich an europäisches Recht halten wolle: “Wir fordern die Nutzung der Notfallsklausel.” Gleichzeitig distanziert er sich von der ungarischen Asylpolitik: “Wir möchten nicht – wie es Orban macht –, dass EU-Recht dabei gebrochen wird. Wir stehen für den Rechtsstaat.”

Kritik an Wiens Stadtregierung: "Eine Stadt mit Unsicherheitszonen"

Auch die Situation in Wien, insbesondere mit Blick auf die bevorstehenden Gemeinderatswahlen am 27. April, war ein Thema. Die Stadt werde seit 25 Jahren von linken Parteien regiert – mit verheerenden Folgen, so Mahrer. “Was ist rausgekommen? Eine Stadt, wo man sich in Teilen der Stadt fürchten muss. Eine Stadt, wo wir Unsicherheitszonen haben. Eine Stadt, wo es in den Schulen zu völligen Überforderungen kommt. Eine Stadt, in der jedes zweite Kind nicht Deutsch spricht zu Beginn der Schullaufbahn. Eine Stadt mit der höchsten Jugendarbeitslosigkeit. Und eine Stadt, wo wir Bandenkriege haben, Jugendgewalt und selbst ernannte Friedensrichter von Tschetschenen und Syrern, die miteinander, selbst erkorene Friedensverhandlungen führen. Das ist ein unerträglicher Zustand in dieser Stadt, die an sich wunderschön ist”, kritisierte der ÖVP-Politiker.

Besonders in der Migrationspolitik sieht er gravierende Defizite und warf der regierenden SPÖ vor, Probleme kleinzureden: “Die SPÖ ist ein Meister darin, Probleme schönzureden.”