Der ORF Niederösterreich hatte ursprünglich zur Diskussionsrunde „Fünf Jahre Corona – Fakten und Fehler“ eingeladen. Die für Donnerstag geplante Veranstaltung in einem Gasthaus in Zwettl wurde jedoch kurzfristig abgesagt. Besonders brisant: Ursprünglich sollte auch der Maßnahmenkritiker und Aktivist Martin Rutter teilnehmen.

Die Diskussionsreihe „Ein Ort am Wort“ sollte rückblickend beleuchten, welche Fakten die damaligen Corona-Maßnahmen rechtfertigten und in welchen Bereichen Fehler gemacht wurden. Der ORF Niederösterreich betonte, dass das Format eine Plattform für unterschiedliche Meinungen bieten solle. Eine Teilnahme von Betroffenen, Aktivisten und Kritikern sei daher Teil des Konzepts.

Virologe sagt TV-Diskussion ab

Der ORF Niederösterreich teilte am Dienstag mit, dass die Veranstaltung nicht wie geplant stattfinden könne, da die geladenen Experten, Virologe Norbert Nowotny und Intensivmediziner Christoph Hörmann, ihre Teilnahme kurzfristig zurückgezogen hätten. Eine adäquate Neubesetzung sei nicht möglich gewesen. Der ORF, der noch am Wochenende die Einladung aller Standpunkte verteidigt hatte, rudert nun also ebenfalls zurück.

Nowotny begründete seine Absage damit, dass er nicht Teil einer Veranstaltung sein wolle, die „vor allem Herrn Rutter und seinen Anhängern eine ihnen nicht zustehende Plattform“ bietet. Zudem sei er nach genauerer Recherche zu Rutters Aussagen – unter anderem auf Telegram – zu dem Schluss gekommen, dass eine sachliche, evidenzbasierte Debatte mit ihm nicht möglich sei. Die ursprüngliche Idee des ORF, eine Brücke zwischen unterschiedlichen Lagern zu schlagen, sei unter diesen Umständen nicht umsetzbar, so der Virologe.

Aktivist Martin Rutter anl. einer Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen am Samstag, 10. April 2021, im Schweizergarten in Wien.APA/GEORG HOCHMUTH

Rutter: Absage bestätigt mangelnde Corona-Aufarbeitung

Martin Rutter kritisiert die Absage scharf und wirft Nowotny vor, die Meinungsvielfalt zu unterdrücken und Gegenstimmen gezielt auszuschließen. „Die fehlende Aufarbeitung passt zur fehlenden Diskussionskultur über Fehler und Fakten rund um Corona.“ Er fordert die Universität Wien auf, den Lehrauftrag von Virologe Norbert Nowotny zu überprüfen. Seiner Ansicht nach blockiere dieser „jeden ernsthaften wissenschaftlichen Ansatz von Meinungsfreiheit“ im Zusammenhang mit Corona.

Eine solche Haltung sei mit den Grundsätzen einer „auf seriösen, wissenschaftlichen Werten basierenden Universität“ nicht vereinbar. Sollte sich dies bestätigen, müsse Nowotny als Biologe und veterinärmedizinischer Forscher aufgrund mangelnder Eignung von der Universität entfernt werden, so Rutter.

FPÖ fordert ORF-Reform und Abschaffung der Haushaltsabgabe

Die kurzfristige Absage der ORF-Diskussion sorgt bei den Freiheitlichen für scharfe Kritik. FPÖ-Mediensprecher und Generalsekretär Christian Hafenecker wirft dem ORF vor, eine ehrliche Aufarbeitung der Corona-Maßnahmen gezielt zu verhindern. Die Absage zeige einmal mehr, dass eine offene Debatte unerwünscht sei. „Statt einen ehrlichen Gedankenaustausch mit Bürgern zuzulassen, knickt der ORF vor dem System ein und zensiert kritische Stimmen.“

FPÖ-Mediensprecher und Generalsekretär Christian Hafenecker übt scharfe Kritik.APA/EVA MANHART

Die FPÖ spricht von Zensur und fordert die vollständige Aufklärung über die Hintergründe der Absage. Gleichzeitig bekräftigt sie ihre Forderung nach einer Abschaffung der ORF-Haushaltsabgabe sowie einer umfassenden Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Hafenecker plädiert für einen „verschlankten, objektiven Grundfunk“, der frei von politischer Einflussnahme agieren soll. Da sich der ORF aus der Debatte zurückzieht, will die FPÖ selbst aktiv werden: FPÖ-TV wird am Donnerstag um 19:30 Uhr eine eigene Sendung zur Corona-Aufarbeitung ausstrahlen.