Pensionskosten explodieren – doch Teilzeitkräfte dürfen mit 60 in Ruhestand
Von Jahr zu Jahr steigen die Staatsausgaben für Pensionen an – trotzdem beschließt die Regierung, Pflegeberufe als Schwerarbeit anzuerkennen.
SPÖ-Sozialministerin Korinna Schumann: „Diese Reform ist ein notwendiger Akt der Wertschätzung".APA/HELMUT FOHRINGER
Jetzt ist es fix: Pflegeberufe werden als Schwerarbeit anerkannt. Damit sollen rund 1.000 Pflegekräfte pro Jahr in den Genuss der sogenannten Schwerarbeiterpension kommen. Das bedeutet, dass Personen in Pflegeberufen schon mit 60 in Pension gehen können.
Umgesetzt werden soll die Ausweitung bereits ab 1. Jänner 2026. Die Neuregelung betrifft diplomierte Gesundheits- und Krankenpfleger, Kräfte der Pflegefachassistenz sowie der Pflegeassistenz. Der Paukenschlag: Auch Teilzeitkräfte sollen das Modell in Anspruch nehmen können – ab einem Beschäftigungsausmaß von 50 Prozent.
Auch Zahl an Schwerarbeitstagen wird gesenkt
Dazu kommt die Senkung der notwendigen Zahl an Schwerarbeitstagen pro Monat. Diese wird von 15 auf zwölf reduziert.
„Wir setzten das nun endgültig um”, sagte Sozialministerin Korinna Schumann (SPÖ). Pflege sei Schwerarbeit, „psychisch wie körperlich”. „Diese Reform ist ein notwendiger Akt der Wertschätzung” und eine langjährige Forderung von Arbeiterkammer und Gewerkschaften.
Ein Grund zur Freude ist der neue Beschluss jedoch nicht: Die Pensionsausgaben in Österreich explodieren förmlich. Allein 2024 wurden 73,4 Milliarden Euro dafür ausgegeben, laut Statistik Austria. Das sind 15,2 % des BIP. Zum Vergleich: 2023 waren es noch 65,7 Milliarden, im Jahr 2015 gar „nur“ 47,2 Milliarden. Das ist – seit 2015 – ein Kostenanstieg von über 50 Prozent.
Die jüngsten 2024 Zahlen für Pensionsausgaben sind nun verfügbar:
— Prof. Monika Köppl Turyna (@monikaturyna) September 5, 2025
73,4 Mrd (74,9 Mrd inkl. Verwaltung)
Es sind 15,2% (bzw. 15,5%) des BIP
Anstieg seit 2019: ca. 20 Mrd bzw. 1,9 % des BIP
cc @LukasSustala @JHierlaender @HallaMartin @FranzSchellhorn https://t.co/SWR02JrpAC pic.twitter.com/DBBKeJsWI0
ÖVP und Neos ziehen mit
„Versprochen – gehalten”, sagte ÖVP-Klubchef Wöginger. Der Schritt sei eine „Frage der Gerechtigkeit”. Er kündigte an, sich die Schwerarbeitsregelung auch für andere Berufsgruppen ansehen zu wollen.
„Freude” über die Regelung äußerte auch NEOS-Sozialsprecher Gasser, der ebenfalls auf die Absenkung der notwendigen Tage verwies: „Wir haben festgestellt, dass da bisher einfach Regelungen drinnen waren, die systematisch zu Benachteiligung geführt haben” – weil wegen der Berechnung der Arbeitstage pro Monat zu wenig Schwerarbeitsmonate festgestellt wurden.
Profitieren sollen rund 1.000 Pflegekräfte pro Jahr
Bisher konnten laut Sozialministerium rund 8.000 Personen insgesamt (aus allen Branchen) die Schwerarbeitsregelung in Anspruch nehmen – aber nur wenige Pflegekräfte. Die Regierung rechnet mit der Neuregelung mit rund 1.000 Anspruchsberechtigten aus dem Pflegesektor – pro Jahr.
Generelle Voraussetzung für den Gang in die Schwerarbeitspension ist eine Mindestversicherungszeit von 45 Jahren, davon müssen mindestens zehn Jahre Schwerarbeit (innerhalb der letzten 20 Jahre) geleistet worden sein. Das früheste Antrittsalter ist 60 Jahre.
Kosten rund 20 Millionen im ersten Jahr
Die zu erwartenden Kosten bezifferte Gasser mit etwa 20 Millionen Euro im ersten Jahr, danach dürften diese weiter steigen. Gegenfinanzieren wolle man dies mit Reformen bei der vorübergehenden Invaliditätspension („Rehabilitationsgeld”), der Invaliditätspension bzw. der Berufsunfähigkeitspension, erinnerte der NEOS-Sozialsprecher an ein Vorhaben aus dem Regierungsprogramm, für das bereits eine Arbeitsgruppe gestartet worden sei. Man wolle Personen mit gesundheitlichen Einschränkungen länger im Berufsleben halten.
Ziel ist hier laut Regierungsprogramm die Schaffung von „flexibleren Möglichkeiten” der Beurteilung der Erwerbsfähigkeit bei gesundheitlichen Einschränkungen, etwa die Einführung von Zwischenstufen und einer Teilarbeitsfähigkeit. Geprüft werden soll u.a. auch eine „Weiterentwicklung” des derzeit geltenden Berufsschutzes zu einem „Entgeltschutz”. Das AMS soll besser für die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt miteinbezogen werden. Auch Reha-Maßnahmen während des Bezugs sollen laut Regierungsprogramm forciert werden. Gasser betonte gegenüber der APA vor allem das Ziel der Schaffung der Möglichkeit einer „Teilarbeitsfähigkeit”, mit der gesundheitlich eingeschränkte Personen etwa weniger Tage arbeiten könnten.
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