In Polen tobt ein heftiger Streit um die Zukunft der nationalen Verteidigung. Die konservative Oppositionspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) erhebt schwere Vorwürfe gegen die Mitte-Links-Regierung von Premierminister Donald Tusk. Ihr Vorwurf: Tusk liefere die Kontrolle über Polens Armee an die Europäische Union aus.

Hintergrund: Die EU-Resolution zur Verteidigungspolitik

Am 12. März stimmte das Europäische Parlament über eine Resolution zur gemeinsamen Verteidigungspolitik ab. Sie unterstützt unter anderem die polnische Initiative „Ostschild“, die sich gegen Bedrohungen aus Russland und Weißrussland richtet. Doch die Resolution geht weit darüber hinaus: Sie begrüßt auch ein von der Europäischen Kommission vorgelegtes Verteidigungsprogramm, das 150 Milliarden Euro für militärische Kredite bereitstellt und den Mitgliedsstaaten neue finanzielle Anreize zur Aufrüstung gibt.

Es geht überhaupt nicht um Polens Sicherheit, wie behauptet wird, warnt die PiS. Brüssel will in Wahrheit seine Macht ausweiten. Im Bild: Tusk (r.) mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula Von der Leyen.APA/AFP/Bartosz Banka

PiS: „Die EU nutzt unsere Sicherheitsängste aus“

Die PiS-Abgeordneten im Europaparlament lehnten die Resolution ab – und wurden dafür von Tusk scharf kritisiert. Der Premierminister warf ihnen prompt vor, die Interessen Polens zu verraten.

Die PiS kontert: Es gehe nicht um die Sicherheit Polens, sondern um den schrittweisen Machtzuwachs der EU. Der Beschluss sei ein gefährlicher Schritt hin zu einer EU-Armee, in der Polen künftig nichts mehr zu sagen habe. „Diese Resolution ist der erste Schritt, um Polen die Souveränität über sein eigenes Militär zu entziehen“, warnte die Partei auf einer Pressekonferenz am 14. März.

Ex-Justizminister Zbigniew Ziobro (Bild) warnt: Tusk gibt Kontrolle an Paris und Berlin ab.APA/AFP/Wojtek RADWANSKI

Ex-Justizminister: „Brüssel, Paris, Berlin entscheiden künftig über unsere Armee“

Polen, so warnt die PiS, könne in Folge nicht mehr unabhängige Entscheidungen über sein Militär treffen, sie würden dann künftig in Brüssel, oder eigentlich in Berlin und Paris gefällt. Der ehemalige Justizminister der vorherigen PiS-Regierung, Zbigniew Ziobro, bezeichnete das Vorgehen der Tusk-Regierung als „Verrat an den polnischen Interessen“.

Ziobro: „Was Tusk und seine politischen Verbündeten tun, ist eine unbestreitbare Tatsache: Sie wollen die Kontrolle über die Verteidigungsindustrie und das polnische Militär an Brüssel und in Wirklichkeit an Berlin und Paris abgeben. Die Geschichte hat immer wieder gezeigt, dass es für uns in einer Katastrophe endete, wenn Polen die Kontrolle über seine eigene Armee verlor.“

EU-Parlamentarier: Müssen volle Kontrolle über das eigene Militär behalten

Jacek Ozdoba, Mitglied des Europäischen Parlaments, bezeichnete die Resolution ebenfalls als gefährlich. „Die Geschichte hat unmissverständlich gezeigt, wie wichtig es ist, die volle Kontrolle über das eigene Militär und die eigenen Bündnisse zu behalten“, sagte er. Der PiS-Abgeordnete Sebastian Kaleta unterstrich: „Wir sprechen hier von einem Versuch, die EU-Verträge zu ändern, wovor wir seit Monaten warnen. Die Resolution des Europäischen Parlaments fordert, dass alle verteidigungsrelevanten Entscheidungen der EU-Mitgliedstaaten auf europäischer Ebene getroffen werden, nicht einstimmig, sondern mit qualifizierter Mehrheit“.