Still und leise, kurz vor dem Feiertag: Außenministerin Beate Meinl-Reisinger trennt sich nach nur etwas mehr als einem halben Jahr von ihrem Kabinettschef Arad Benkö – und hebt ihn zugleich auf. Ab Jänner soll der frühere Ukraine-Botschafter als Sondergesandter für den Nahen Osten fungieren. Die Ministerin will in der „hochdynamischen Phase“ im Nahen Osten „einen sichtbaren Beitrag zur Stabilisierung leisten“ – eine Begründung, die im Regierungsviertel sofort Debatten auslöste.

Transparenz? Fehlanzeige, sagen Insider

Auffällig: Die OTS-Aussendung blieb aus, eine offizielle Presseaussendung gab es zunächst ebenfalls nicht. Laut Heute-Informationen erfuhren Mitarbeiter im Ministerium am Minoritenplatz nicht etwa intern, sondern aus den Medien von der Rochade. Für ein Ressort, das sich Transparenz auf die Fahnen schreibt, ist diese Informationskette bemerkenswert – und politisch heikel.

„Posten, den es bereits gibt“ – Kritik am Zuschnitt

Kritik kommt prompt aus dem Apparat: „Benkö bekommt damit in Sparzeiten einen Posten, den es bereits einmal gibt, wir haben nämlich eine sehr erfahrene Abteilungsleiterin für Nahost“, heißt es gegenüber Heute. Der neue Sonderjob wirft damit nicht nur Budget- und Effizienzfragen auf, sondern auch die nach Zuständigkeiten: Wo endet die Abteilung, wo beginnt der Gesandte?

Karriere-Sprungbrett Richtung Israel?

Gerüchte nähren zusätzliche Skepsis: Die Sondergesandten-Stelle könnte nur Übergang sein – mit Zielrichtung Botschafterposten in Israel im Sommer 2026. „Vom Posten als Spitzenbeamter in einem Ministerium direkt in eine so wichtige Botschaft befördert zu werden, das hätten die Neos früher heftigst kritisiert und eine Cool-down-Phase verlangt“, so ein Polit-Insider. Gerade die NEOS waren traditionell scharfe Kritiker rascher Personalaufstiege ohne Abkühlphase – das verschärft heute den Vorwurf des Doppelstandards.

Der eigene Maßstab

Die Diskrepanz ist augenfällig, gemessen an früheren Ansagen der heutigen Außenministerin. In der ORF-„Pressestunde“ hatte Beate Meinl-Reisinger erklärt: „Ich möchte, dass diese Postenschacher-Routen endlich geschlossen werden.“ Sie pochte zudem auf umfassende Transparenz: „Jeder Pimperlkulturverein muss alles offenlegen, wenn er nur 1.500 Euro Förderung haben will, aber die Parteien nicht. Das geht nicht.“ Wer derart klare Maßstäbe formuliert, muss sich an ihnen messen lassen – gerade bei Personalentscheidungen im eigenen Haus.

Fluktuation und Unruhe im Außenamt

Der Fall Benkö steht nicht für sich. Bereits im Sommer schmiss ein Pressesprecher hin, ein zweiter habe intern seinen Rückzug angekündigt, heißt es. Ähnliches Bild im Büro von Staatssekretär Sepp Schellhorn: Seine zweite Sprecherin ging nach nur sechs Wochen. Eine Nachfolge wurde noch nicht präsentiert; auch ein neuer Büroleiter wird gesucht. Die nüchterne Diagnose eines langgedienten Beamten: „In diesem Haus – jahrzehntelang ruhig und gewissenhaft geführt – herrscht seit der Neos-Übernahme Chaos.“ Und noch ein Satz, der hängen bleibt: „Die Ministerin ist auch kaum hier anzutreffen.“

Viel unterwegs – wenig erklärt

Fakt ist: Meinl-Reisinger war in den vergangenen Monaten häufig auf Reisen – drei Auslandsreisen führten sie in die Ukraine, vor zwei Wochen nach Uganda, zu Allerheiligen weiter nach Kairo. Politisch lässt sich das als Aktivität auf der Weltbühne lesen. Verwaltungspraktisch bleibt die Frage, ob das Ministerium zuhause Tritt findet – und wie Entscheidungen intern kommuniziert werden.

Nahost-Gesandter – Bedarf oder Doppelgleis?

Unbestritten ist, dass die Lage im Nahen Osten brisant ist. Ob es dafür eines zusätzlichen Sondergesandten braucht – trotz vorhandener „sehr erfahrener Abteilungsleiterin“ – bleibt der Kern der Debatte. Genau hier kollidieren Anspruch und Wirklichkeit der NEOS: Transparenz, Effizienz, klare Strukturen einerseits; eine stille Rochade mit offenem Endziel andererseits.