
Rechte auf dem Vormarsch in Polen: Linksliberale müssen sich jetzt warm anziehen
Den ersten Wahlgang der Präsidentenwahlen in Polen hat zwar der liberale Kandidat Rafał Trzaskowski gewonnen – allerdings nur knapp. Der rechte Kandidat Karol Nawrocki liegt nur hauchdünn dahinter. In der Stichwahl am 1. Juni hat Nawrocki indes die klar besseren Karten.

Polen ist mit knapp 37 Millionen Einwohnern eines der größten Länder der EU. Folglich ist es mit Blick auf die Zukunft der Union von großer Bedeutung, welchem politischen Lager das Staatsoberhaupt angehört. Bei der Präsidentschaftswahl am Sonntag lieferten sich der liberale Kandidat Rafał Trzaskowski (31,4 Prozent) und der rechte Kandidat Karol Nawrocki (29,5 Prozent) ein Kopf-an-Kopf-Rennen.
Dass der “Sieg” von Trzaskowski im ersten Wahlgang mit Vorsicht zu genießen ist, zeigt das Ergebnis der anderen Kandidaten. Denn: Auf Platz 3 und 4 kamen gleich zwei Rechtsaußen-Politiker, einerseits Sławomir Mentzen (14,8 Prozent), andererseits Grzegorz Braun (6,3 Prozent).
Rechnet man die Ergebnisse der drei rechten Kandidaten zusammen, kommen sie insgesamt auf 50,6 Prozent, was im zweiten Wahlgang mit einem Wahlsieg von Karol Nawrocki gleichbedeutend wäre. Nawrocki, ehemaliger Boxer und seit 2021 Leiter des Instituts für Nationales Gedenken, wird bei der Präsidentenwahl von der ehemaligen Regierungspartei “Recht und Gerechtigkeit” (PiS) unter Jarosław Kaczyński unterstützt.

Rechter Kandidat Nawrocki hat gute Aussichten, die Präsidentschaftswahl zu gewinnen
Es ist mit großer Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass sowohl der Dritt- als auch der Virtplatzierte des ersten Wahlgangs, Sławomir Mentzen und Grzegorz Braun, ihre Wähler dazu aufrufen werden, Nawrocki in der Stichwahl am 1. Juni zu unterstützen. Trzaskowski seinerseits hat das liberalkonservative Regierungslager unter der Führung von Premier Donald Tusk hinter sich sowie einige linke Schrumpfparteien unter “ferner liefen”.
Von daher hat der rechte Kandidat Nawrocki sehr gute Aussichten, die Präsidentschaftswahl zu gewinnen. Was dies nach sich ziehen würde? Wohl eine Fortsetzung der politischen Lähmung des Landes. Wie bereits erwähnt ist seit Ende 2023 eine von Donald Tusk geführte liberalkonservative Regierungskoalition am Ruder, der allerdings die Hände gebunden sind.
Der Grund: Noch-Präsident Andrzej Duda (seit 2015), der voll und ganz der PiS verpflichtet ist, hat von seinem Veto-Recht rege Gebrauch und praktisch alle wichtigen Gesetzesvorhaben der Tusk-Regierung zunichte gemacht, darunter die “Liberalisierung” der Abtreibungsgesetze, die “Wiederherstellung der Rechtsstaatlichkeit” und die “Reform” der öffentlich-rechtlichen Medien.
Sollte Nawrocki die Stichwahl gegen Trzaskowski gewinnen, wird er die Veto-Politik von Duda wohl fortsetzen. Das hieße, dass die Tusk-Regierung weiterhin keines ihrer Vorhaben voranbringen könnte – und bei der nächsten Parlamentswahl 2027 letzten Endes von den Wählern abgewählt werden würde.
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