Für seine kürzlich getätigte Aussage, die FPÖ solle sich „vom rechten Rand in die Mitte bewegen“, bekommt ÖVP-Chef Christian Stocker nun Schelte von den FPÖ-Granden der Bundesländer. Der blaue steirische Landeshauptmann Mario Kunasek etwa ließ den Schwarzen im Bund ausrichten: „Die ÖVP muss auch auf Bundesebene lernen, Wahlergebnisse zu akzeptieren und einsehen, dass sie nicht mehr die stärkste Kraft in diesem Land ist und daher auch zu Kompromissen bereit sein muss“, wie exxpress berichtete.

Jetzt hat sich Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) in die Debatte eingemischt. Er will der Schelte aus den blauen Landesparteien gegen seinen Bundesparteichef nicht zu viel Bedeutung für die Koalitionsverhandlungen beimessen: “Das ist eine gesteuerte Aufgeregtheit, eine etwas künstliche”, gab sich Haslauer am Sonntag in der ORF-“Pressestunde” gelassen. Die “Kehrtwendung” der ÖVP hin zur FPÖ sei für seine Partei “schmerzlich und schwierig”, aber man brauche eine “handlungsfähige Regierung”.

Haslauer schließt Neuwahlen nicht aus

Für die ÖVP sei es eine “extrem schwierige Situation”, meinte Haslauer darauf angesprochen, dass man im Wahlkampf FPÖ-Chef Herbert Kickl noch verteufelt hat. Er finde die Art der Tonalität grundsätzlich schlecht, erklärte Haslauer, der freilich in Salzburg schon mit den Blauen regiert. “Es kommt darauf an, wenn jemand Bundeskanzler wird, ob er diesen Stil dann beibehält oder nicht.”

Die Alternative sei eine Neuwahl – vor der fürchte sich die ÖVP zwar nicht, versicherte Haslauer, aber man hätte ein halbes Jahr Stillstand und dieselbe ungelöste Problemstellung bezüglich der Regierungsbildung, also könnte man dann so lange wählen, bis Kickl irgendwann die absolute Mehrheit habe. Daher habe man gesagt, “springen wir über unseren Schatten”. Haslauer räumte aber ein, dass diese “Kehrtwendung” auch “in die Frage der Glaubwürdigkeit hineinspielt”. Aber: “Wir brauchen eine handlungsfähige Regierung”, betonte Haslauer.

ÖVP liegt nicht vor Klickl „auf dem Bauch“

Dass die FPÖ-Landesparteichefs am Samstag ÖVP-Chef Christian Stocker öffentlich zurechtgewiesen haben, weil dieser in einem Medien-Hintergrundgespräch eine Bewegung der FPÖ in die Mitte gefordert hatte, nahm Haslauer betont gelassen. Stocker habe gesagt, wofür die ÖVP stehe, und das sei “legitim”, findet Haslauer. Dass die ÖVP etwa für die EU oder Pressefreiheit stehe, sei wichtig zu betonen. Man liege eben nicht mit Demut vor Kickl “auf dem Bauch” und bettle um eine Regierung, lobte der Landeshauptmann, dass Stocker “mit einem gewissen Selbstbewusstsein diese Gespräche führt”.

Es gebe noch „einige Brocken zu klären“

“Natürlich” sei es möglich, dass die Koalitionsverhandlungen noch scheitern, antwortete Haslauer auf eine entsprechende Frage. Es seien ja noch “einige Brocken zu klären”. Dass die FPÖ nun offenbar eine Bankenabgabe will, was eigentlich ein Tabu für die ÖVP ist, kommentierte Haslauer zurückhaltend: Seines Wissens nach sei das bisher kein Diskussionspunkt gewesen, außerdem wolle er nicht von außen rote Linien markieren.

Ein bekannter Knackpunkt in den Verhandlungen ist ein einheitliches Auftreten in Brüssel – hier müsse man einen Mechanismus finden, sagte Haslauer, erkannte aber dazu positive Signale von Kickl. Gefragt, ob er negative Auswirkungen auf den Tourismus- und Kulturstandort gerade in Salzburg sehe, wenn Kickl Kanzler wird, meinte der Landeshauptmann: “Das kann partiell sein, ja natürlich.”

Sky Shield "unverzichtbar"

Das Luftabwehrsystem Sky Shield ist für Haslauer allerdings “für unsere Sicherheitslage unverzichtbar”. Man könne das auch allein machen, aber viel teurer als in diesem gemeinsamen Projekt, bei dem auch die neutrale Schweiz dabei sei. Haslauer ist jedenfalls auch gegen eine Verschiebung: “Wir müssen rasch für eine effiziente Luftraumverteidigung sorgen.” Ob die ÖVP der FPÖ das Innenministerium überlassen könnte, ließ Haslauer offen.

Haslauer: „Der ORF wird seinen Beitrag leisten müssen“

Was den ORF betrifft, bekannte sich Haslauer “grundsätzlich zum öffentlichen-rechtlichen Auftrag” und seiner föderalen Struktur – doch “der ORF wird seinen Beitrag leisten müssen”. Die von der FPÖ gewünschte “Herdprämie”, also Geld für jene, die möglichst lange ihre Kinder zuhause betreuen, sei “nicht das, was wir unbedingt wollen”, sagte Haslauer. So etwas bringe etliche Probleme, verwies er etwa auf eine Verschärfung des Deutsch-Problems bei Migrantenkindern. (APA / Red.)