
Schock-Zahl: 72 Prozent der Sozialbetrüger sind Ausländer – 135 Millionen Schaden
Das Bundeskriminalamts schlägt Alarm: Der Sozialbetrug explodiert – mit gefälschten Urkunden, erfundenen Seminaren und Leistungen trotz Auslandsaufenthalt. 72 Prozent der Tatverdächtigen sind keine Österreicher, der Schaden beläuft sich auf 135 Millionen Euro.
Ein neuer Bericht des Bundeskriminalamts sorgt für Aufsehen: Die Ermittler schlagen Alarm. Immer mehr Personen nutzen das österreichische Sozialsystem gezielt aus. Interessant: Rund rund 72 Prozent der Tatverdächtigen sind keine österreichischen Staatsbürger. Der Schaden beläuft sich mittlerweile auf 135 Millionen Euro.
Besonders perfide: In vielen Fällen scheint der Betrug systematisch organisiert zu sein – etwa mit gefälschten Geburtsurkunden, fingierten Wohnsitzen, erfundenen Weiterbildungen oder Sozialleistungsbezug trotz dauerhaftem Aufenthalt im Ausland.
44 Frauen, 44 e-Cards – und alle in Karenz
Im ORF-Interview mit der „ZiB 2“ schilderte Gerald Tatzgern, Leiter der Abteilung 8 im Bundeskriminalamt, einen Fall, wie nicht-österreichische Staatsbürger unser Sozialsystem ausnutzen. So wurde eine rumänische Baufirma mit 44 weiblichen Angestellten in Österreich gegründet. Auffällig dabei: „Diese 44 Frauen sind alle gleichzeitig im Mutterschutz“, so Tatzgern.
„Alle 44 Damen waren in der selben Wohnung gemeldet. Allerdings hielt sich nur eine der Frauen überhaupt in Österreich auf, die restlichen 43 lebten im Ausland. Jede von ihnen hatte eine eigene e-Card, die medizinischen Leistungen – für Mutter und Kind – wurden ausschließlich in Österreich abgerechnet. Das hat System“, erklärt Tatzgern.
Online-Seminare „Bäume singen“
Auch im Bereich Bildungskarenz häufen sich die Betrugsfälle. Arbeitslose kaufen um ein paar hundert Euro online Zertifikate für Seminare mit fragwürdigen Namen wie „Bachblüten umarmen“ oder „Bäume singen“. Diese Kurse fänden allerdings nie statt, so Tatzgern, doch das AMS akzeptiere die Zertifikate und zahle bis zu 70 Prozent des Letztbezugs für zwölf Monate. Das Ziel: Leistungen kassieren, ohne tatsächlich eine Weiterbildung zu absolvieren.
Eine weitere Masche betrifft den Bezug von Arbeitslosengeld, obwohl die Bezieher fast das gesamte Jahr im Ausland verbringen. „Wir sehen Fälle, in denen jemand 320 Tage pro Jahr nicht im Land ist, aber Monat für Monat Geld erhält“, so Tatzgern.
Fast 5.000 Fälle allein 2024
Die Task Force Sozialleistungsbetrug (SOLBE) wurde bereits 2018 gegründet, die Fälle des Sozalleistungsbetrug steigen an. Allein im Jahr 2024 wurden 4.865 Verdachtsfälle registriert, mehr als die Hälfte davon in Wien mit 2.626 Fällen. Dahinter folgen die Steiermark mit 515 und Niederösterreich mit 508 Betrugsfällen. Das Burgenland ist mit 102 Fällen das Schlusslicht.
Immerhin: Die Aufklärungsquote liegt bei fast 100 Prozent. Auch an Flughäfen wie Wien-Schwechat führen Ermittler Schwerpunktaktionen durch. „Pro Flugzeug aus der Türkei, vom Westbalkan oder anderen Staaten stoßen wir auf 20 bis 30 Verdachtsfälle“, schilderte Tatzgern bereits vor einigen Tagen in „Wien heute”.
Experten fordern ein zentrales Datensystem
Ein zentrales Problem sieht Tatzgern in der Zersplitterung der Datenlage. „Wir brauchen eine zentrale Datenbank, ein einheitliches System, das für AMS, Krankenkassen, Polizei und Finanzamt einsehbar ist, damit jeder weiß, von welcher Stelle eine Person Leistungen bezieht“, fordert Tatzgern. Auch das AMS drängt auf klare Schnittstellen. Österreich agiere mit neun Systemen, eines pro Bundesland.
Positiv: Die Schaffung einer solchen zentralen Datenbank wurde im aktuellen Regierungsprogramm bereits verankert. Wann und wie es umgesetzt wird, ist allerdings noch offen.
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