Am Donnerstagabend war Sebastian Kurz zu Gast bei einem Pressegespräch in Israel. Es kreiste – naheliegenderweise – auch um die aktuelle politische Situation in Österreich. Der ehemalige Bundeskanzler wollte dabei gewisse Ängste vor der FPÖ zerstreuen. Es gebe große Unterschiede zwischen den rechten Parteien in Europa, meinte Kurz. Die FPÖ habe in der Regierung alle Beschlüsse für Israel und die jüdische Gemeinschaft stets unterstützt.

Der Chefredakteur der Jerusalem Post nannte die Buchpräsentation seinen „Höhepunkt der Woche“.Twitter/Zvika Klein

Der ebenfalls anwesende israelische Knesset-Präsident Amir Ohana streute dem österreichischen Ex-Kanzler Rosen für sein nachhaltiges pro-israelisches und pro-jüdisches Engagement.

Neues Buch über wechselvolles Österreich-Israel-Verhältnis

Die Veranstaltung im Jabotinsky Institut in Tel Aviv war eigentlich eine Buchpräsentation. Der israelisch-österreichische Journalist Eldad Beck stellte sein neues, bisher nur auf Hebräisch erschienenes Buch „Späte Versöhnung“ vor, das sich mit den wechselvollen Beziehungen zwischen Österreich und Israel von Kaiser Franz Joseph bis zur Gegenwart beschäftigt. Zu Gast war auch Sebastian Kurz, zum einen, weil Beck mit ihm ein ausführliches Interview für sein Buch geführt hatte, zum anderen, weil das außerordentliche Engagement des ehemaligen Spitzenpolitikers für die jüdische Gemeinde und die österreichisch-israelischen Beziehungen den Journalisten und Autor überhaupt erst dazu bewogen hatte, sein Buch zu schreiben.

Eldad Beck (l.) im Gespräch mit Sebastian Kurz (r.) im Jabotinsky-InstitutDaniela Epstein/privat

In dem langen Gespräch mit Kurz kam Beck schließlich auf die aktuelle politische Situation in Österreich und die laufenden Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und FPÖ zu sprechen. Ob Israel und die Juden in Österreich Angst vor den Freiheitlichen und einem Bundeskanzler Herbert Kickl haben müssten, wollte er wissen und verwies auf die zentrale Rolle ehemaliger Nationalsozialisten in der Gründungsgeschichte der FPÖ. „Ich kommentiere die österreichische Tagespolitik nicht mehr, seit ich aus der Regierung ausgeschieden bin”, stellte Kurz zunächst klar.

„Die FPÖ hat uns bei allen Maßnahmen sehr unterstützt“

Mit Blick auf die Vergangenheit und die frühere Zusammenarbeit seiner Partei mit der FPÖ, in der wichtige Beschlüsse gegen Antisemitismus und für die jüdische Gemeinschaft gefasst wurden, hielt der Altkanzler aber fest: „Manche meinen, unser Koalitionspartner wäre dagegen gewesen. Das stimmt nicht. Die Freiheitlichen haben uns bei allem, was wir getan haben, sehr unterstützt. Alle Entscheidungen, die wir für die jüdische Gemeinde in Wien getroffen haben, für Israel und für seine Sicherheit, das Staatsbürgerschaftsgesetz für die Nachkommen der Opfer der Shoah – all das wurde von den Freiheitlichen mitgetragen.“

Viel Lob für Österreichs Rolle beim Kampf gegen Antisemitismus im Jabotinsky-Institut in Tel Aviv. Im Bild: Amir Ohana, Eldad Beck und Sebastian Kurz (v.l.n.r.)Daniela Epstein/privat

Es sei „ein bisschen unfair, wenn der Eindruck entsteht, wir haben das gemacht und die Freiheitlichen waren dagegen, wir mussten sie erst überzeugen. So war es nicht. Es gab immer volle Unterstützung von ihrer Seite.“

Bezüglich der aktuellen Regierungen in Europa empfiehlt der Altkanzler Israel, diese im Hinblick auf ihre Unterstützung für Israel und den Kampf gegen Antisemitismus zu analysieren. Ebenso solle man mit den rechten Parteien in Europa verfahren, die im Einzelnen sehr unterschiedlich ausgerichtet seien. Manche seien problematisch, aber nicht alle. Zu den laufenden Koalitionsgesprächen meinte Kurz: „Niemand weiß, was die nächsten Wochen bringen werden“.

Sebastian Kurz (l.) traf bei seinem Israel-Besuch auch die Familie von der österreichisch-israelischen Hamas-Geisel Tal Shoham.Daniela Epstein/privat

„Kurz hat einen Wandel hin zu Israel und zum jüdischen Volk bewirkt“

Mit viel Lob bedachte der israelische Parlamentspräsident Amir Ohana von der Likud den österreichischen Ex-Kanzler. Er nannte Kurz ein politisches „Wunderkind“, dessen „Führungsqualitäten“ in Österreich und Europa „einen Wandel hin zu Israel und dem jüdischen Volk bewirkt“ hätten. „Heute ist Europa mit einem Wiederaufleben des Antisemitismus konfrontiert, aber Menschen wie Sebastian Kurz haben dafür gekämpft, das Blatt zu wenden. Als Bundeskanzler hat Kurz die jüdischen Gemeinden gestärkt, die EU gegen Antisemitismus mobilisiert und die österreichische Außenpolitik auf die Gerechtigkeit der Sache Israels ausgerichtet“.

Amir Ohana (Bild) unterstreicht die Bedeutung, die Sebastian Kurz für das Verhältnis zu Israel auch auf europäischer Ebene hatte.Daniela Epstein/privat

Heute wisse man, „was Kurz erreicht hat“. Seit dem 7. Oktober 2023, „dem schwärzesten Tag seit dem Holocaust“, habe „Österreich seine außerordentliche Solidarität mit Israel durch das Hissen der israelischen Flagge am österreichischen Bundeskanzleramt unter Beweis gestellt – eine Praxis, die Kurz 2021 eingeführt hat. Das österreichische Parlament hat wichtige Resolutionen und Gesetze verabschiedet und eine internationale Konferenz gegen Antisemitismus und Terror organisiert, an der ich teilnehmen durfte“. Nun gelte es, in die Zukunft zu blicken: Man müsse auf dem Erreichten aufbauen.