
„Sie jagen, wer nur Brot sucht“ – Zeitung aus Gaza macht Hamas schwere Vorwürfe
In einem scharfen Leitartikel erhebt die offizielle Zeitung der Palästinensischen Autonomiebehörde schwere Vorwürfe: Hamas-Kommandos erschießen im Gazastreifen Zivilisten, weil sie versuchten, humanitäre Hilfe zu erreichen. Dokumentiert werden mehrere brutale Fälle – durch Augenzeugen und Angehörige.

Nun werden Mordvorwürfe gegen die Hamas – aus palästinensischer Feder. „Dies ist die bittere Realität: Die Hamas und ihre Al-Sahm-Einheit jagen diejenigen, die nichts weiter suchen als ein Stück Brot.“ Mit diesen drastischen Worten endet ein Leitartikel der palästinensischen Tageszeitung Al-Hayat Al-Jadida, der am 19. Juni veröffentlicht wurde – und nichts weniger enthält als eine offizielle Anklage gegen die Hamas. Die Zeitung gehört zur Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) in Ramallah.

„Todeskommandos“ gegen Hilfesuchende
Laut dem Bericht setzt die Hamas eigens eingerichtete Einheiten namens Al-Sahm („Pfeil“) ein, um Zivilisten davon abzuhalten, Hilfsgüter der von Israel eingerichteten Gaza Humanitarian Foundation (GHF) zu empfangen – insbesondere in Gebieten außerhalb direkter Hamas-Kontrolle. Wer sich dorthin aufmacht, läuft laut Al-Hayat Al-Jadida Gefahr, als „Kollaborateur“ abgestempelt und von den Al-Sahm-Kämpfern erschossen zu werden.

Angehörige berichten von Erschießungen
Die Zeitung stützt sich auf Augenzeugenberichte und Social-Media-Posts betroffener Familien. So schreibt Hiba Al-Mishal auf Facebook, ihr Bruder Osama sei auf dem Weg zu einem Hilfszentrum erschossen worden. Ein Bus mit jungen Männern sei von Hamas-Kämpfern gestoppt, die Männer herausgezerrt und angeschossen worden. Schwer Verletzten sei Hilfe verweigert worden. Andere Zivilisten hätten die Verwundeten sogar mit Stöcken und Eisenstangen schlagen müssen. Al-Mishals eindringlicher Appell: „Wir wollen keine Rache, sondern Wahrheit und Gerechtigkeit.“

Zahlreiche Opfer dokumentiert
Al-Hayat Al-Jadida nennt weitere Namen: Die Familie Shahin aus Deir Al-Balah meldete den Tod ihres Sohnes durch „heimtückische Kugeln“. Die Familie Al-Hilou beklagt den Tod von fünf Angehörigen. Alle Fälle stammen aus dem Zeitraum vom 15. bis 19. Juni und wurden mit konkreten Facebook-Beiträgen belegt.
Keine Prozesse, keine Richter – nur Gewalt
Die Redaktion der Zeitung zeigt sich entsetzt über die Methoden der Hamas: Selbst wenn der Vorwurf der Kollaboration stimmen sollte, gäbe es keinerlei rechtliche Grundlage für Exekutionen ohne Verfahren. Damit breche die Hamas nicht nur humanitäre Prinzipien, sondern zerstöre gezielt den letzten Funken von Rechtstaatlichkeit im Gazastreifen.

Geheime Einheit mit Telegram-Kanal
Die Al-Sahm-Einheit wurde im November 2024 offiziell zur Bekämpfung oppositioneller Kräfte gegründet – doch laut verschiedenen Telegram-Kanälen und palästinensischen Quellen kommt sie vor allem gegen hungernde Zivilisten zum Einsatz. Dort werden regelmäßig Bilder von „bestraften Verrätern“ gepostet – teils mit verstörenden Aufnahmen von Verwundeten.

Israel pauschal beschuldigt – ohne Beweise
Die Al-Hayat Al-Jadida spart in dem Artikel auch nicht mit einer pauschale Anschuldigung gegen Israel, die allerdings – im Gegensatz zu den Vorwürfen gegen die Hamas – unbelegt bleibt. Es fehlen konkrete Namen, Beweise oder Augenzeugen. Die Zitate wurden vom Middle East Media Research Institute (MEMRI) dokumentiert und in englischer Übersetzung veröffentlicht.
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