Im Kreis der neuen Rechten in Europa wird der neue US-Präsident Donald Trump in höchsten Tönen gelobt. Eine maßgebliche rechte Politikerin unterließ es indes, in die Lobgesänge auf Trump einzustimmen: die Chefin des Rassemblement National (vormals Front National), Marine Le Pen. Angesichts der sonst ungeteilten Euphorie im Lager der Rechten fragt man sich, warum?

Wie die “Zeit” analysiert, verbirgt sich dahinter eine weitreichende strategische Entscheidung. Trump habe sich mit den sogenannten Tech-Bros, sprich Tech-Milliardären wie Elon Musk (Tesla, X), Mark Zuckerberg (Meta) oder Jeff Bezos (Amazon) verbündet. Insbesondere Musk als enger Vertrauter hänge einer libertären Politik an, mit anderen Worten, einem entfesselten staatsfeindlichen Kapitalismus.

Dem stehe entgegen, dass Frankreich seit jeher ein staatsgläubiges Land sei, das mit neoliberalen Ideen gelinde gesagt wenig anzufangen wisse. Hinzu komme, dass Le Pen in den vergangenen Jahren große Anstrengungen unternommen habe, sich als staatstragend und gemäßigt zu inszenieren.

In Frankreich sei dafür der Begriff “dédiabolisation” (Entteufelung) geprägt worden. Das Kalkül dahinter: Le Pen will bei den französischen Präsidentschaftswahlen im Jahr 2027 für eine breite Wählerschaft wählbar sein und erstmals in den Élysée Palast (Präsidentenpalast) einziehen. Diesem Ziel ordnet sie alles unter.

Le Pen wurde von Trump 2017 einfach versetztIMAGO/MediaPunch

Trump war 2017 zu einem Treffen mit Le Pen einfach nicht erschienen

Dass Marine Le Pen den Enthusiasmus vieler rechter Politiker gegenüber Trump nicht teilen kann, dürfte auch auf eine persönliche Kränkung zurückzuführen sein, die ihr vom US-Präsidenten vor Jahren zugefügt worden sei.

Vor acht Jahren, im Jänner 2017, sei Le Pen wenige Tage vor Trumps erster Amtseinführung nach New York geflogen, um ihn zu treffen. Vor der verabredeten Begegnung twitterte sie noch vom “Heraufziehen einer neuen Welt”.

Nach ihrer erwartungsvollen Ankunft in New York habe sie im Trump Tower stundenlang auf den Namensgeber des Gebäudes gewartet, allerdings vergeblich, sei sie doch vom heutigen US-Präsidenten schlichtweg versetzt worden. Dies war offenkundig eine Schmach für die französische Politikerin. Seither begegnet sie Trump mit der gebotenen Zurückhaltung.