Ein politisches Beben versetzt Großbritannien in Aufregung. Laut der aktuellen Find Out Now-Umfrage vom 29. Oktober 2025 erreicht Nigel Farages Bewegung Reform UK sensationelle 32 Prozent – ein neuer Rekordwert. Damit zieht Farage nicht nur an den traditionellen Parteien vorbei, sondern dominiert erstmals klar die politische Landschaft.

Beispielloser Absturz: Dass ein britischer Premier Keir Starmer so tief in der Wählergunst sinkt, hat man im Vereinigten Königreich seit 100 Jahren nicht mehr erlebt. APA/AFP/Adem ALTAN

Historischer Absturz für Labour und Tories

Noch nie standen die einst mächtigen Volksparteien so schwach da. Die Labour Party verliert laut Europe Elects im Vergleich zur Wahl 2024 ganze 19 Prozentpunkte – von 35 auf 16 Prozent.

Auch die konservativen Tories stürzen ab: von 24 auf 16 Prozent. Zusammen kommen sie damit nicht einmal mehr auf ein Drittel der Stimmen – ein politischer Super-Gau, wie ihn Großbritannien seit mehr als  hundert Jahren nicht erlebt hat.

Nur Reform UK legt kräftig zu – um 17 Punkte. Die Grünen springen von 7 auf 17 Prozent und überholen Labour erstmals auf nationaler Ebene. Die Liberal Democrats verharren bei 12 Prozent.

Würden die Briten jetzt wählen, wären Labour und Tories die neuen Kleinparteien. Europe Elects/Screenshot

System in der Krise – das Zwei-Parteien-System wankt

Was diese Zahlen zeigen: Das britische Parteiensystem wankt. Zum ersten Mal seit Generationen könnten die beiden großen Parteien gemeinsam unter 35 Prozent fallen – ein historischer Tiefpunkt, der das bisherige System infrage stellt. Während Reform UK das konservative Lager nahezu vollständig absorbiert, verliert Labour in alle Richtungen – an die Grünen, an Farage und an die Resignation vieler Nichtwähler.

Britische Medien reagieren mit Entsetzen

„Labour in der Panikzone“, titelt die Times und spricht von einem „beispiellosen Absturz“. Der Guardian analysiert: „Die Grünen legen vor allem in London und bei jungen Wählern massiv zu.“ In der Hauptstadt liegt die Partei bereits bei 27 Prozent, Labour nur noch bei 20 Prozent – ein Signal, das weit über London hinausreicht.

Nigel Farage vor den Medienvertretern: Seine Bewegung ist stark, aber jung. Er hat noch Zeit, sie bis zur nächsten Wahl weiter aufzubauen. APA/AFP/HENRY NICHOLLS

Auch die Financial Times konstatiert nüchtern: „Farage hat die perfekte politische Lücke besetzt.“ Mit seiner Mischung aus Anti-Eliten-Rhetorik, EU-Skepsis und sozialen Themen trifft er offenbar den Nerv einer breiten Wählerschicht. Seine Parole „Take Britain back again“ knüpft an den Brexit-Slogan an – diesmal aber mit sozialem Unterton.

Das neue Großbritannien

Farage gelingt, was weder Tories noch Labour schaffen: Er vereint konservative, enttäuschte und systemkritische Wähler unter einem Dach. Sein Aufstieg ist längst kein kurzfristiger Protest mehr – er wirkt strukturell verankert.

Die BBC und Sky News ziehen dramatische Parallelen: „Labour und Tories kämpfen nicht mehr um die Regierung – sie kämpfen ums Überleben.“ Beide Sender sprechen von einem „Systembruch“, vergleichbar mit den politischen Umwälzungen in Italien oder Frankreich. Die alten Parteien wirken ideologisch ausgebrannt und führungsschwach. Bestehende Parteibindungen lösen sich auf, neue politische Identitäten entstehen. BBC-Analysten sprechen bereits vom „Beginn einer neuen politischen Ära“ – in der Reform UK das konservative Lager dominiert, während Labour Gefahr läuft, zwischen Farage und den Grünen zerrieben zu werden.

Was noch vor wenigen Jahren undenkbar schien, wird Realität: Labour und Tories – jahrzehntelang die tragenden Säulen des britischen Systems – verlieren rasant an Rückhalt. Was schon jetzt feststeht: Der politische Boden auf der Insel hat sich verschoben – und nichts deutet darauf hin, dass er sich bald wieder beruhigt.