Wie bereits in meinem letzten Beitrag möchte ich nicht näher auf diesen konkreten Fall eingehen oder darüber urteilen. Dazu erlebe ich als Schulleiter selbst viel zu oft, wie sehr sich Fälle im eigenen Erleben und in der Darstellung oder Beurteilung von außen unterscheiden. Hilfreich wären hier Richtlinien sowie eine unterstützende Begleitung, wie das Schulpersonal rechtskonform, aber vor allem im Sinne des Opferschutzes zu handeln hat.

Leider gibt es viel zu viele ähnlich gelagerte Fälle: so zum Beispiel die Gruppenvergewaltigung in einer Grazer Mittelschule während des Freizeitbereichs vor einigen Jahren; der traurige Fall Leoni; das monatelange Martyrium des Mädchens in Favoriten; der oben beschriebene Fall an einer Linzer Privatschule oder einer der vielen anderen Fälle, die nie an die Öffentlichkeit kommen werden. Immer geht es um Macht, um Mobbing und um sexualisierte Machtausübung. Dabei ist es völlig egal, ob diese Vorfälle und diese Handlungen von Jugendlichen mit Migrationshintergrund verübt werden (hier geboren oder kürzlich zugewandert), oder von Jugendlichen aus der bürgerlichen Gesellschaft: Jede Form von Mobbing, von sexualisierter Gewalt, von sexuellen Belästigungen und Übergriffen ist inakzeptabel, abzulehnen und zu sanktionieren. Vorrang hat dabei der Schutz und die Hilfe für die Opfer und das Verhindern weiterer Taten. Gleichzeitig ist es das Recht der Opfer, in ihrer gewohnten Umgebung zu bleiben, wenn sie das möchten. Um das zu ermöglichen, muss der Täter die gewohnte Umgebung (die Klasse, die Schule, den Sportverein etc.) verlassen.

Weitere Betreuung ist notwendig

Eine weitere Betreuung und Begleitung der Täter ist wichtig und notwendig, aber nicht zulasten und im Umfeld der Opfer. Wer alt genug ist, derart Inakzeptables zu tun, ist auch alt genug, die Konsequenzen zu tragen. Ein sofortiger Schulverweis für alle an der Tat Beteiligten, auch ohne Einverständnis ihrer Eltern, muss in solchen Fällen von der Schulleitung erfolgen. Wie kommen die Opfer dazu, weiter mit den Tätern in der Schule konfrontiert werden zu müssen? Ein klares Signal in der Schule, dass man auf der Seite des Opfers steht und keinerlei Verständnis für andere Positionen hat, ist notwendig und muss auch von der Behörde ermöglicht und unterstützt werden.

Rechtliche Konsequenzen

Auch rechtliche Konsequenzen sind einzubeziehen, sofern sie möglich sind. Viele Fälle passieren in der Mittelstufe, also bei unter Vierzehnjährigen. Das bedeutet, dass dringend der Realität Rechnung getragen werden muss und das Gesetz an die Situation, dass die Täter immer jünger werden, angepasst werden sollte.

Sexualität wird unter einigen Jugendlichen offenbar immer frauenfeindlicher, immer brutaler und immer mehr in Zusammenhang mit Macht und Gewalt gebracht.

Egal, woher das kommt, das hat in unserer Gesellschaft keinen Platz.

INFO

Christian Klar (61) ist Schuldirektor in Wien

– Lehrer in verschiedenen Schulen
(Hauptschule, jüdische Privatmittelschule, Polytechnische Schule, Pädagogische Hochschule)

– Seit elf Jahren Schulleiter einer öffentlichen Wiener Mittelschule („Brennpunktschule“)