Am gestrigen Dienstag titelten die österreichischen Tageszeitungen die kaiserliche Berichterstattung aus der Hofburg. So schrieb zum Beispiel die Tageszeitung “Heute”: „Alexander Van der Bellen stoppt Last-Minute-Vergabe von Jobs an Minister-Mitarbeiter: Ab Wahlkampfstart am 9. Juli ernennt er keine Spitzenbeamten“, die “Presse”: „Der Bundespräsident will die nächste Regierung nicht präjudizieren. Konkret: Es soll ausgeschlossen werden, dass Türkis-Grün noch schnell Spitzenposten mit Vertrauensleuten besetzt“ oder die “Vorarlberger Nachrichten”: „Bundespräsident bremst bei heiklen Postenbesetzungen im Wahlkampf“.

Gut und schön, dass er das macht – was alle hörigen Medien hier verheimlichen, ist jedoch die Tatsache, dass es sich hierbei um eine Vorgehensweise handelt, die seit Bundespräsident Thomas Klestil so gehandhabt wird. Es handelt sich also um eine sogenannte Usance – und es ist damit nichts Neues, im Gegenteil, es ist ein alter Hut. Verkauft wird jedoch Aktionismus des Bundespräsidenten – er bremst den bösen politischen Postenschacher aus.

Doch die Berichterstatter verschweigen das eigentliche Problem: Nämlich, dass die Unterschrift des Bundespräsidenten für die Betrauung von Beamten mit Spitzenposten völlig irrelevant ist – das hat das Bundesverwaltungsgericht im Jahr 2021 bereits festgestellt.

Unterschrift des Bundespräsidenten bei Betrauung von Spitzenbeamten völlig ohne Belang

Kurzer Blick zurück: FPÖ Verteidigungsminister Mario Kunasek hat kurz, bevor er infolge des Ibiza-Skandals seinen Hut nehmen musste drei FPÖ-nahe Generäle in Spitzenposten gehoben. Alle drei hatten sich für diese Jobs beworben, alle drei wurden von einer Kommission als im höchsten Ausmaß geeignet eingestuft.

Die Rechnung hatte er jedoch nicht mit dem Bundespräsidenten gemacht, der genau wie jetzt wieder, seine Unterschrift vor der Wahl verweigerte. Zwischendurch-Verteidigungsminister Thomas Starlinger (Anm.: Ehemaliger Mitarbeiter aus dem Büro von Van der Bellen) feuerte die drei Generäle in Folge, mit der Begründung, dass der Bundespräsident die Ernennung nicht gegengezeichnet hat. Der wiederum hat seine Rechnung ohne den Rechtsstaat gemacht. Einer der Generäle klagte und er bekam recht. Das berichtete damals der “Standard”: „Bundesheer-General klagte erfolgreich gegen Abberufung durch Starlinger“.

Das Ergebnis des Gerichts: Der zuständige Minister kann, wenn die Fähigkeiten und Kompetenzen der Kandidaten der Ausschreibung entsprechen, selbst entscheiden, wen er mit welchem Posten betraut– die Unterschrift des Bundespräsidenten hat darauf keine Auswirkung. Er kann lediglich die “Ernennung” verhindern, dies hat aber auf die Betrauung keine Auswirkung. Es geht also um einen überholten kaiserlichen Formalakt, der auf Aufgabe, Titel und Gehalt keine Auswirkungen hat.

Journalistische Tugenden bei der Berichterstattung über die Hofburg über Bord geworfen

Wir lernen also: Wenn die Hofburg etwas behauptet, werden journalistische Tugenden, wie eine fundierte Recherche, über Bord geworfen und die kaiserliche Berichterstattung wird größtenteils unreflektiert übernommen. Wir lernen auch: Das Amt des Bundespräsidenten ist repräsentativ wichtig, aber auf den Staatsbetrieb hat es real kaum Einfluss. Wenn die Bundesregierung den Rechtsstaat hochhält, sollte sie sich von solchen leeren Ankündigungen und Medienberichten nicht länger behindern lassen und ihren Job bis zum Ende der Periode fortsetzen, dafür wurden sie gewählt, dafür werden sie bezahlt.

Und noch eine kleine Erinnerung für alle Medien, die Manfred Matzka, den ehemaligen Präsidialchef aus dem Bundeskanzleramt, jetzt als Verfassungsexperten eine Plattform geben und ihn über den bösen Postenschacher sprechen lassen. Der liebe Herr Matzka, selbst ehemaliger SPÖ-Kabinettschef, war die einzige Ausnahme dieser Regelung. 1999, Schüssel wurde Kanzler einer schwarz-blauen Regierung, der Bundespräsident, der damit wenig Freude hatte, verweigerte im Vorfeld die Ernennung von Sektionschefs im Verteidigungs- und Innenministerium, Matzka machte er aber gleichzeitig zum Präsidial-Sektionschef in Schüssels Bundeskanzleramt. Matzka selbst hatte bis zu diesem Zeitpunkt übrigens keinerlei Präsidialerfahrung. Ein “freundschaftliches” Einstandsgeschenk quasi. Freund, Feind, Parteifreund.

Vergelt´s Gott und Freundschaft!

Euer Hofrat Sepp