Mit Blick auf Österreich herrscht in Rest-Europa gerade mal wieder Ratlosigkeit. Eine Ministerin, die gegen den Bundeskanzler und die Mehrzahl der Bundesländer in Luxemburg für ein weitreichendes Gesetz stimmt, ein Kanzler, der die Koalition emotional für tot erklärt, aber an ihr festhält und juristische Winkelzüge, die nahezu null Aussicht auf Erfolg haben.

Da ist zum einen die von ÖVP-General Christian Stocker angekündigte Strafanzeige gegen die grüne Klimaschutzministerin Leonore Gewessler wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs. Zum Vergessen: Erstens müsste Gewessler vorsätzlich gegen ihre Amtspflichten verstoßen haben – was nicht der Fall ist – und zweitens handelt es sich bei einer Abstimmung auf EU-Ebene eben nicht um einen  innerösterreichischen hoheitlichen Akt. Es gibt nicht einmal den Anfangsverdacht eines Amtsmissbrauchs.

Und auch die von Nehammer “fix” angekündigte Nichtigkeitsbeschwerde gegen die Abstimmung der Ministerin beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) hat wohl keine Aussicht auf Erfolg. Selbst wenn Gewessler im Innenverhältnis Verfassungs- und Rechtsbruch begangen haben sollte, wie Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) überzeugt ist, muss dies auf Europa keinerlei Auswirkungen haben. Dort gilt vor allem ein Grundsatz: Wer für ein Land verhandelt, stimmt auch für das Land ab. Punkt.

Paradox: Ausgerechnet Fortbestand dieses Bündnisses soll Chaos verhindern

Trotz der “veritablen Regierungskrise”, wie das aktuelle Durcheinander fast schon verniedlichend genannt wird, will Kanzler Nehammer an der Koalition festhalten. Seine Begründung, wonach er damit ein Chaos im Land verhindern möchte, klingt fast schon paradox.

In Wirklichkeit spielen er und seine ÖVP wohl nur auf Zeit. Der größere und angeschlagene Koalitionspartner kann jetzt alles gebrauchen – außer vorgezogene Neuwahlen. Ein triumphaler Erfolg der FPÖ wäre die Folge. Nehammer braucht das Kanzleramt im Rücken, sollte er denn überhaupt noch eine Chance haben. Herbert Kickl muss sich eigentlich nur noch zurücklehnen und dem “Trauerspiel” (O-Ton SPÖ) zuschauen.