Im Zentrum der Affäre steht ein “dichtes, filzartiges Netzwerk” von Grünen-Funktionären, das die deutsche Energiepolitik beherrscht, berichtet das Magazin Cicero. Mittendrin: Der ehemalige Habeck-Staatssekretär Patrick Graichen. Zentrale Frage: War ein jahrelanger Weiterbetrieb der deutschen Atomkraftwerke möglich? Ja, so urteilten unpolitische Experten des Umweltministeriums in einem internen Vermerk. Sie hielten den Weiterbetrieb “über mehrere Jahre” für “mit der Aufrechterhaltung der nuklearen Sicherheit vertretbar”. Doch dieser Vermerk wurde offenbar manipuliert.

Denn Umweltstaatssekretär Stefan Tidow änderte den Experten-Vermerk grundlegend. “Laufzeitverlängerung nicht vertretbar”, hieß es plötzlich. Und weiter: „Eine Laufzeitverlängerung ist aus Gründen der nuklearen Sicherheit abzulehnen.“ Offenbar wurde dieser gefälschte Vermerk dem Wirtschaftsministerium geschickt – Robert Habeck bekam den wahren Vermerk wohl nie zu sehen und wurde von seinen eigenen Leuten hintergangen.

Umwelt-Staatssekretär Stefan Tidow schickte den manipulierten Vermerk an Patrick Graichen, der daraufhin einen neuen Vermerk verfasste, der zum politisch gewünschten Ergebnis kam: Eine Laufzeitverlängerung sei nicht empfehlenswert. Habeck lobte den Vermerk in einer E-Mail als “famose” und formulierte ihn kurzerhand zu einem Text für die Öffentlichkeit um.

Opposition wittert Betrug

Die Opposition reagierte umgehend auf die Enthüllungen. “Der Verdacht erhärtet sich: Beim Kernkraft-Aus wurden Parlament und Bevölkerung belogen”, so CDU-Politiker Thorsten Frei. “Habeck sollte unverzüglich sämtliche Akten zum Aus der AKW auf den Tisch legen. Ansonsten droht ein Nachspiel.”

In der Union hieß es, schnelle Sondersitzungen von Bundestagsausschüssen könnten nötig sein. Im Gespräch sei eventuell auch ein Untersuchungsausschuss, sollte der Grünen-Politiker die Aufklärung verweigern. Das Wirtschaftsministerium wies die Vorwürfe als “verkürzt und ohne Kontext” zurück. Die gezogenen Schlüsse seien so auch unzutreffend.

2022 hatte die Ampel-Regierung angesichts der Energiekrise entschieden, die letzten drei Atomkraftwerke Mitte April 2023 abzuschalten damit den Betrieb um einige Monate gegenüber dem früher festgelegten Abschaltdatum zu verlängern. Vorausgegangen war ein Streit zwischen Grünen und FDP, den Kanzler Olaf Scholz damit entschärfte, dass er zwar die die Abschaltung unterstützte – aber mit dieser Übergangsfrist.