Alain Delon (†88) und Romy Schneider (†43) hatten sich 1958 am Set des deutsch-französischen Liebesfilms „Christine“ kennengelernt. Der Beginn einer ganz großen Liebe, die 1964 in einem Drama endete. Alain verlässt Romy. Neben einem Strauß roter Rosen findet sie eine Abschiedsnotiz: ‚Ich bin mit Nathalie (Delons spätere Frau, Anm. d. Red.) nach Mexiko, alles Gute, Alain‘.“

18 Jahre später, nur zehn Monate nach dem tragischen Unfalltod ihres Sohnes David (†14), hört Romy Schneiders Herz auf zu schlagen. Sie stirbt in ihrer Pariser Wohnung mit nur 43 Jahren an gebrochenem Herzen. Und Alain Delon? Der widmet seinem „Püppchen“ einen Abschiedsbrief voll Liebe, Schmerz und Reue.

Am 11. Juni 1982, zwölf Tage nach Romys Tod, veröffentlichte das französische Magazin „Paris Match“ den schönsten Liebesbrief aller Zeiten (siehe unten). Das Ende einer ganz großen Liebe? Nein, jetzt sind die beiden wieder vereint – Adieu Romy & Alain!

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"Ich bitte Dich, mir zu verzeihen ... Verzeih mir. Ich werde am nächsten Tag zu Dir kommen, und wir werden allein sein."

„Adieu, mein Püppchen. Ich sehe Dich schlafen. Ich bin bei Dir an Deinem Totenbett. Du trägst eine lange Tunika, schwarz und rot, mit Stickereien auf dem Oberteil. Es sind Blumen, glaube ich, aber ich schaue sie nicht an. (…) Ich schaue die Blumen nicht an, sondern Dein Gesicht. Und ich denke, dass Du schön bist, wahrscheinlich warst Du nie so schön wie jetzt. Ich denke auch, dass ich Dich zum ersten Mal im Leben so heiter und friedlich sehe. Man möchte sagen, dass eine sanfte Hand aus Deinem Gesicht alle Aufregungen, alle Ängste fortgewischt hat.

Ich sehe Dich schlafen. Man sagt mir, Du seiest tot. Wie bin ich schuldig? Man stellte sich diese Frage vor einem Wesen, das man geliebt hat und noch liebt. Dieses Gefühl überflutet einen, fließt dann zurück, und dann sagt man sich, dass man nicht schuldig ist, aber verantwortlich … Ja, das bin ich. Weil ich vor 25 Jahren ausgesucht wurde, Dein Partner in ‚Christine‘ zu sein. Du kamst aus Wien, und ich wartete in Paris mit einem Blumenstrauß in der Hand, von dem ich nicht wusste, wie ich ihn halten sollte. (…) Wie ein Schwachsinniger, mitten in einer Horde Fotografen.

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Du kamst aus dem Flugzeug. Ich trat nach vorn. Du hast zu Deiner Mutter gesagt: ‚Wer ist dieser Junge?‘ Sie antwortete: ‚Das muss Alain Delon sein, Dein Partner …‘ Nichts weiter, kein Liebesblitz aus heiterem Himmel. Und dann ging ich nach Wien, wo man den Film drehte. Und dort habe ich mich wahnsinnig in Dich verliebt. Und Du hast Dich in mich verliebt. (…) Mein Gott, wie waren wir jung und wie waren wir glücklich. (…) Ich, ein Franzose, der kein Wort Deutsch sprach. Und Du Püppchen, die Du nicht ein Wort Französisch sprachst. Am Anfang liebten wir uns ohne Worte. Wir sahen uns an, und wir lachten. Püppchen … Und ich war ‚Pépé‘. (…)

Die ‚anderen‘ können nicht begreifen, dass man umso ungeeigneter fürs Leben wird, je größer man als Schauspieler ist. Garbo, Marylin, Rita Hayworth … und Du. (…) Sie sagen, Du warst ein Mythos … Ja, sicher … Aber der Mythos ist nur eine Fassade, ein Widerschein. (…) Der Mythos geht am Abend heim. Dann ist er nur noch Romy, nur eine Frau, mit einem schlecht verstandenen Leben, schlecht behandelt, schlecht beschrieben in den Zeitungen, angegriffen und verfolgt. Da verbraucht sich der Mythos, in der Einsamkeit. Er wird zur Angst. Und je mehr das ins Bewusstsein dringt, umso mehr verfällt man den Seligkeiten des Alkohols und der Beruhigungsmittel. (…) Dann wird es unersetzlich, und das Herz, verbraucht, bleibt stehen, weil es zu müde wurde, zu schlagen. (…)

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"Ich liebe Dich. Je t'aime. Je t’aime, mein Püppchen. Alain.“

Man sagt, dass die Verzweiflung, die der Tod Davids mit sich brachte, Dich getötet hat. Nein, die Leute irren sich. Sie hat Dich nicht getötet. Davids Tod hat Dir nur den Rest gegeben. (…) Du hast nicht begriffen, dass Du eine Person der Öffentlichkeit warst (…). Du hast Dich angegriffen, durchbohrt, vergewaltigt gefühlt in Deiner Privatsphäre. Du warst immer auf der Hut, ‚gehetzt‘ wie ein Tier, das verfolgt wird. Und Du hast gewusst, dass das Schicksal Dir mit einer Hand nahm, was es Dir mit der anderen gab.

Die anderen wissen nicht, dass Du diese große Tragödin aus dem Kino bist, weil Du es in Deinem Leben bist und es sehr teuer bezahlst. Sie verstehen nicht, dass die Dramen Deines persönlichen Lebens auf die Leinwand zurückstrahlen, später, in Deinen Rollen. (…) Dass Du nur strahlst, weil sie Dich verbrennen. (…) Ich bin nicht erstaunt gewesen, als ich die Nachricht bekam, dass Du auch von uns gegangen bist. Worüber ich erstaunt gewesen bin? Über Deinen Nicht-Selbstmord. Aber dass Dein Herz gebrochen war, nein.

Ich sehe Dich schlafen. Gestern noch hast Du gelebt. Gestern Nacht. Als Ihr ins Haus zurückkamt, hast Du zu Laurent, Deinem letzten und bezaubernden Begleiter, gesagt: ‚Geh schon schlafen. Ich komme etwas später. Ich bleibe noch ein bisschen mit David und höre Musik.‘ Du hast das jeden Abend gesagt … Dass Du vor dem Schlafengehen allein sein wolltest mit der Erinnerung an Dein totes Kind. Du hast Dich hingesetzt. Du hast Papier und Bleistift genommen und hast Zeichnungen gemacht. Für Sarah. Du zeichnetest für Deine kleine Tochter, bis Du Herzschmerzen bekamst und plötzlich … So schön. Schön, reich, berühmt, was hättest Du mehr gebraucht? Friede, ein bisschen Glück. (…)

Ich werde weder in die Kirche noch zum Grab gehen. Ich bitte Dich, mir zu verzeihen … Du weißt, dass ich Dich nicht vor dieser lüsternen Menschenmenge, diesem ‚Spektakel‘, vor dem Du immer Angst hattest, hätte bewahren können. Verzeih mir. Ich werde am nächsten Tag zu Dir kommen, und wir werden allein sein.

Mein Püppchen, ich schau Dich immer wieder an, immer wieder. Ich will Dich mit meinen Blicken verschlingen und Dir immer wieder sagen, dass Du nie so schön und ruhig warst. Ruhe Dich aus. Ich bin da. Ich habe von Dir ein wenig Deutsch gelernt. Die Worte: Ich liebe Dich. Je t’aime. Je t’aime, mein Püppchen. Alain.“