32-Stunden-Woche? Österreicher arbeiten bereits weniger als die meisten Europäer
SPÖ-Chef Andreas Babler fordert eine 32-Stunden-Woche. Allerdings wird in Österreich im EU-weiten Vergleich ohnehin wenig gearbeitet. Nur in Dänemark und den Niederlanden ist die durchschnittliche Wochenarbeitszeit geringer. Das ist allerdings nicht verwunderlich. Zurzeit boomt Teilzeit – aus gutem Grund.
Vergleicht man die tatsächlich gearbeiteten Stunden in Europa, kommt Überraschendes zu Tage: Am meisten gearbeitet wird in Griechenland, am wenigsten in den Niederlanden, wie eine Grafik der Wiener Denkfabrik Agenda Austria zeigt.
Ebenso auffallend: Österreich reiht sich bei der durchschnittlich geleisteten Wochenarbeitszeit am unteren Ende ein, nicht zuletzt aufgrund der boomenden Teilzeit. Nur in Dänemark und den Niederlanden wird wöchentlich kürzer gearbeitet als in Österreich.
In Österreich ist Teilzeit attraktiver, weil Arbeit so stark besteuert wird
Verwunderlich ist das Ergebnis allerdings näher besehen nicht. In Österreich ist Arbeit nämlich überdurchschnittlich hoch belastet. Gemessen an den Arbeitskosten haben Österreichs Arbeitnehmer die viertniedrigsten Nettolöhne in der industrialisierten Welt. Hätte Österreich dieselbe Steuer- und Abgabenbelastung auf Arbeit wie der Wohlfahrtsstaat Schweden, blieben einem Durchschnittsverdiener rund 230 Euro netto mehr im Monat, wie die Agenda kürzlich berechnet hat.
Agenda Austria-Ökonom Dénes Kucsera meint deshalb: „Wer rechnen kann, arbeitet Teilzeit. Österreich entlastet seit Jahren vor allem die unteren Einkommen, damit wird die Teilzeit finanziell immer interessanter. Entlastet werden sollten vorrangig mittlere Einkommensbezieher. Im derzeitigen System steigt die Abgabenbelastung hier am stärksten an.“
Arbeitskosten würden sich bei 32-Stunden-Woche verdoppeln
Zur 32-Stunden-Debatte meint der Wirtschaftswissenschaftler: „Es ist legitim, mehr Freizeit zu wollen, das geht dauerhaft aber nur durch den Verzicht auf Geld. Das wiederum hat Konsequenzen auf unser Sozialsystem. Arbeiten Leistungsstärkere weniger, bleibt auch weniger für die Leistungsschwächeren.“
Eine 32-Stunden-Woche würde im derzeitigen Inflationsumfeld die Arbeitskosten der Unternehmen binnen drei Jahren um die Hälfte steigen lassen. Um das abzufedern, müsste die Produktivität auf einen Schlag so stark steigen, wie in den letzten 20 Jahren zusammengenommen.
„Es spricht nichts dagegen, dass Unternehmen freiwillig die Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter verkürzen. Auch die Arbeitnehmer sollen dies frei entscheiden können. Eine für alle gültige gesetzliche Anweisung, die noch dazu unter dem gewünschten Arbeitsausmaß der Bevölkerung liegt, würde dem Wohlstand schweren Schaden zufügen“, sagt Kucsera.
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