Alarmruf von Wirtschaftswissenschaftler: „Am schlimmsten sind die Verbrenner-Verbote“
Er ist einer der herausragenden Wirtschaftswissenschaftler Deutschlands: Hans-Werner Sinn, bis 2016 Präsident des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung. Bei der Verleihung des Deutschen Mittelstandpreises hielt er eine Rede, die durch Klarheit und Schärfe besticht. Seine Worte sind Abrechnung und Mahnung zugleich.
Hans-Werner Sinn: „Die jetzige Krise der deutschen Industrie ist noch schlimmer als die Krise, die die Kanzler Schröder einst mit seiner Agenda 2010 bewältigte. Deutschland steht an einem historischen Wendepunkt seiner Entwicklung, bei der seine Existenz als global tätige Wirtschaftsnation auf dem Spiel steht. Zentrale Brandherde liegen in der Automobil- und in der Chemie-Industrie. Bei den Autos lag der Produktionsrückgang von 2018 bis jetzt bei 17 Prozent. In der Chemie betrug er in der gleichen Zeitspanne 15 Prozent, die gesamte Industrieproduktion schrumpfte um 13 Prozent. Viele andere Sektoren, so die Pharmaindustrie, die Elektrotechnik und der Maschinenbau, sind ebenfalls massiv betroffen. Die viel beschworene Deindustrialisierung ist kein Horrorszenario der Zukunft, sondern seit sieben Jahren im Gange.“
Explosives deutsches Gemisch
Sinn weiter: „Was sind die Ursachen? Natürlich gehört die kriegsbedingte Durchbrechung der Handelsketten mit dem Rohstoff- und Energielieferanten Russland zu den Erklärungen. Die Babyboomer, die heute 60 Jahre alt sind, werden bald Arbeitsleistungen und Renten von Kindern verlangen, die sie nicht haben. Das Schulsystem ist außerstande, im internationalen Wettbewerb der Pisa-Tests zu bestehen. Der überbordende Sozialstaat kostet nicht nur viel Geld, sondern betätigt sich auf dem Arbeitsmarkt als mächtiger Konkurrent der privaten Wirtschaft. All dies bildet ein explosives Gemisch, das zur Erklärung der deutschen Krise beiträgt und dringenden Politikbedarf signalisiert.“
Geisterfahrer auf der Autobahn
Der Wissenschaftler: „Die wichtigste Erklärung liegt aber wohl doch auf dem Energiesektor, speziell der Klimapolitik. Das ist die Giftliste: Ölheizungsverbot ab 2024, Verbrenner-Aus 2035, Verschärfung der Flottenverbrauchsformel 2018, Kohle-Aus bis 2038, Erdgasausstieg bis 2045, Planungen zum Rück- und Umbau der Gasnetze 2024, Energieeffizienzgesetz 2023, Atomausstieg 2023. Kein Land der Erde folgt Deutschland bei seinem Atomausstieg. Wir sind der Geisterfahrer auf der Autobahn. Keiner hat etwas Ähnliches wie das Energieeffizienzgesetz, das eine Reduktion des Energieverbrauchs von 2008 bis 2045 um 45 Prozent verlangt, selbst wenn die gesamte Energie grün sein sollte. Nur Deutschland verordnet sich eine Deindustrialisierung.“
Utopische Wirtschaftspolitik
Sinn: „Die deutsche Wirtschaftspolitik der vergangenen Jahre war nicht nur beispiellos, sondern auch utopisch. Warum, das sieht man unter anderem an den Vorgaben für den zeitlichen Ablauf der CO2-Reduktion. Deutschland hat sich verpflichtet, seinen CO2-Ausstoß bis 2045 gegenüber dem Jahr 1990 auf Null zu reduzieren. Schaffen wir das, ist das realistisch? Leider Nein. Es ist vollkommen unmöglich, in den bis 2045 noch verbleibenden 20 Jahren in die Gegend von null zu kommen, ohne alles kaputtzumachen. Hat jemand wirklich für die Konsequenzen gestimmt, die nun allerorten sichtbar werden? Ich glaube nicht, dass die Menschen wussten, was beschlossen wurde. Es wurde ihnen ja erzählt, dass man die Energiewende für eine Kugel Eis kaufen könne, dass die Sonne keine Rechnung schicke und dass man zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen könne: Das Klima retten und zugleich eine neue, grüne Energiewirtschaft aufbauen, die die Wettbewerbsfähigkeit und den Lebensstandard erhöhe. Nichts konnte abwegiger sein als solche Aussagen.“
Absurde Fehleinschätzung von Olaf Scholz
Hans-Werner Sinn: „Noch im März 2023 sagte der Bundeskanzler: Wegen der hohen Investitionen in den Klimaschutz wird Deutschland Wachstumsraten erzielen können wie tatsächlich in den 1950er und 1960er Jahren. Später sprach er vom Wachstumsturbo und malte in den schönsten Farben eine Wiederholung des Wirtschaftswunders an die Wand. Heute weiß jeder, welch absurde Fehleinschätzung seinen Aussagen zugrunde lag. Wie kann man durch Verbote und Gängelungen wirtschaftliches Wachstum erzeugen? Das ist genau das Gegenteil der Erhard´schen Rezeptur für das Wirtschaftswunder. Wie blindwütig die deutsche Politik voranschritt, sieht man daran, dass sie selbst noch während des Ukrainekrieges und nach der Zerstörung der deutsch-russischen Erdgasleitung weitere Kohlekraftwerke außer Betrieb nahm und die restlichen Atommeiler demolierte.“
Was jetzt geschehen muss
Sinn: „Die Verbrenner-Verbote und CO2-Verordnungen sind sofort zu kippen. Was Polen und die baltischen Staaten gegen die unkontrollierte Migration und das herrschende EU-Recht auszurichten vermögen, muss Deutschland auch gegenüber einer Politik schaffen, die es in die Deindustrialisierung treibt. Kein Recht kann stark genug sein, einen solch massiven Schaden für unsere Volkswirtschaft zu erzwingen, insbesondere dann nicht, wenn es für das Klima rein gar nichts bringt. Die neueren der 17 deutschen Atomkraftwerke sollten schleunigst wieder in Betrieb genommen werden.“
Dieser Artikel erschien ursprünglich bei unserem Partner-Portal NIUS.
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