Corona und Ukraine-Krieg: Lieferketten stehen weltweit vor dem Kollaps
Stau vor den Häfen: Die Auswirkungen der Corona-Pandemie und des Krieges in der Ukraine auf die Wirtschaft sind kaum wo deutlicher zu bemerken, als auf See. Vor den großen internationalen Handelshäfen herrscht Chaos. Der Druck auf die weltweiten Lieferketten wird immer heftiger.
Keine Ausnahme stellt der größte Hafen der Welt dar. In Shanghai wird die Rückkehr zum Normalbetrieb noch Monate dauern. Eine genaue Prognose traut sich niemand abzugeben. Chinas “Zero-Covid-Wahnsinn” gibt hier weiterhin den Ton an.
Es droht der Totalverlust
Die Frachtkapazitäten in der Handelsschifffahrt sind nach Einschätzung der Versicherer der Allianz insgesamt zu knapp. Im Schwarzen Meer seien bereits Schiffe verloren gegangen, andere säßen in den Häfen in der Ukraine fest, hieß es. Für Schiffe gibt es eine eigene Kriegsversicherung, die anders als die Kasko-Versicherung einspringt, wenn Schiffe verloren gegeben werden müssen. Nach einer festgelegten Wartefrist von sechs bis zwölf Monaten können Schiffe, die nicht mehr aus den Häfen wegkommen, als Totalverlust deklariert werden, berichtet der “Spiegel”.
Im Notfall keine sicheren Häfen mehr
Doch die Schifffahrt steht nicht nur vor Lieferproblemen. Zwar habe sich die Zahl der Totalverluste im Laufe der vergangenen zehn Jahre mehr als halbiert, sagte Justus Heinrich, Leiter der AGCS-Schiffsversicherung in Mitteleuropa. 2012 gab es demnach noch 127 gesunkene oder irreparabel beschädigte Schiffe und im vergangenen Jahr nur noch 54.
Doch da Containerschiffe immer größer werden, finden sie bei Bränden an Bord häufig keinen Hafen mehr. Das wurde im vergangenen Jahr dem Frachter “X-Press Pearl” nach einem Feuer an Bord zum Verhängnis.
"Fahren auf Sicht"
Der deutsche Logistikverband BVL rechnet vorerst mit einer verschärften Lage rund um Lieferketten und Rohstoffe. “Bevor wir vielleicht irgendwann in 2023 eine Besserung erwarten können, wird die Situation bei den Lieferketten und Rohstoffen in den nächsten Monaten deutlich schlimmer werden”, erklärte der Vorstandsvorsitzende der Bundesvereinigung Logistik (BVL), Thomas Wimmer, am Montag. “Darauf müssen sich Unternehmen wie Verbraucher einstellen.”
Letztlich führen alle Firmen derzeit nur auf Sicht. “Die Einschätzungen unserer Vorstandsmitglieder aus Industrie, Handel und Logistikdienstleistung gehen deutlich über die bisher veröffentlichten Prognosen hinaus.” Bisherige Schätzungen seien alle noch viel zu optimistisch.
Die Zahl der Schiffe, die vor Shanghai auf eine Be- oder Entladung warteten, “hat eine ganz neue Dimension”, warnte Dorothea von Boxberg, die Chefin von Lufthansa Cargo. “Allein das wird die Wirtschaft massiv belasten.” Der chinesischen Wirtschaftsmetropole Shanghai macht derzeit ein strikter Coronalockdown zu schaffen.
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