Im Militärkommando Niederösterreich ist die Lage ernst: Der Altersdurchschnitt liegt bei Offizieren bei rund 54 Jahren, bei Unteroffizieren sogar über 50. Mit dem Eintritt der geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhestand steht das Heer vor einem massiven Know-how-Verlust.

„Wir brauchen rechtzeitig Ersatz, bevor das Wissen verloren geht“, warnt Brigadier Georg Härtinger, Militärkommandant von Niederösterreich gegenüber dem ORF . Deshalb wurde nun eine Personaloffensive gestartet, um jungen Menschen den Einstieg zu erleichtern und um neue Kräfte bereits parallel zu erfahrenen Kollegen auszubilden.

Künftig dürfen laut Härtinger Nachfolger ein Jahr vor der Pensionierung eines Bediensteten eingeschult werden – ein Modell, das helfen soll, Wissenstransfer und reibungslose Übergaben zu sichern.

Ein Heer sucht Talente – vom IT-Fachmann bis zur Panzermechanikerin

Die Bandbreite an Berufen beim Bundesheer ist heute größer denn je. Neben klassischen militärischen Laufbahnen – Soldat, Unteroffizier, Offizier – gibt es zahlreiche zivile Fachbereiche: von Elektronik und Logistik über Luftfahrttechnik, IT und Mechanik bis hin zu Verwaltung, Medizin und Psychologie.

Besonderes Augenmerk liegt derzeit auf dem „Monat der Lehre“, einer Werbeoffensive im November, die junge Menschen auf das Heer aufmerksam machen soll. Lehrberufe, duale Ausbildungen und die Möglichkeit einer „Lehre mit Matura“ werden gezielt hervorgehoben.

Allein im Jahr 2025 haben 927 Kaderanwärter ihre Ausbildung begonnen – fast doppelt so viele wie im Vorjahr. Insgesamt bietet das Bundesheer in Niederösterreich 36 Lehrstellen in neun Kasernen, elf davon für Frauen. Zusätzlich wurden rund 150 zivile Arbeitsplätze ausgeschrieben.

„Wir möchten zeigen, dass das Bundesheer kein Relikt aus der Vergangenheit ist, sondern ein moderner Arbeitgeber mit Zukunftsperspektive“, betont Härtinger.

Das Bundesheer wirbt im „Monat der Lehre“ mit 36 Lehrstellen in Niederösterreich und knapp 1.000 neuen Kaderanwärtern um Nachwuchs.HBF/Carina Karlovits.

Blick nach Deutschland: Gleiche Probleme, größere Dimensionen

Auch die deutsche Bundeswehr steht vor denselben Herausforderungen – nur in deutlich größerem Maßstab. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) betonte im Juni, dass 50.000 bis 60.000 zusätzliche Soldaten nötig wären, um die Truppe schlagkräftig zu machen.

Die neue Zielmarke von bis zu 240.000 aktiven Soldaten wirkt allerdings kaum realistisch: Schon die bisherige Grenze von 203.000 wurde regelmäßig verfehlt. Während Kanzler Friedrich Merz die Bundeswehr zur stärksten Armee Europas machen will, fehlt es in der Praxis an Personal, Ausrüstung und Bewerbern.