Deutschlands Wohnungsmarkt treibt Erwerbstätige in die Krise
Die Wohnungskrise in Deutschland erreicht eine neue Dimension. Laut einem aktuellen Bericht der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAGW) suchen zunehmend Menschen Unterstützung, die trotz regelmäßigem Einkommen keine Wohnung finden.
Die BAGW hat mehr als 43.000 Beratungsgespräche in 237 Einrichtungen ausgewertet – mit ernüchterndem Ergebnis: Rund 13 Prozent der Menschen, die sich an die Hilfsstellen wandten, sind erwerbstätig. 2015 lag dieser Anteil fast zwei Prozentpunkte niedriger. Drei Viertel der Betroffenen hatten überhaupt keinen „abgesicherten Wohnraum“, knapp jeder Zehnte stand unmittelbar vor dem Verlust der Wohnung. Bei 3,3 Prozent ging es um „unzumutbare Wohnverhältnisse“.
Familien besonders betroffen
Als besonders bedrückend bezeichnet der Verband die Lage von Familien. Laut Statistik lebten elf Prozent der erfassten Personen mit mindestens einem Kind im Haushalt. Auffällig ist zudem der hohe Anteil von Menschen ohne deutschen Pass: Rund 38 Prozent der Betroffenen verfügten über keine deutsche Staatsangehörigkeit – ein neuer Rekordwert.
„Die Krise war absehbar“
Für die BAGW-Vorsitzende Susanne Hahmann liegt die Verantwortung klar bei der Politik. „Zentrale Stellschraube ist der bezahlbare Wohnraum“, sagte sie dem Evangelischen Pressedienst. „Die Anzahl der Wohnungen mit Sozialbindung muss wieder steigen. Wir befinden uns heute in einer Krise, die absehbar war, und vor der wir schon vor 20 Jahren gewarnt haben.“
Hahmann fordert nicht nur mehr sozialen Wohnungsbau, sondern auch präventive Maßnahmen: Zwangsräumungen müssten möglichst vermieden werden, Jobcenter sollten höhere Mietobergrenzen ansetzen, und Hilfen müssten unabhängig vom Aufenthaltsstatus zugänglich sein.
Politische Versprechen auf dem Prüfstand
Das Europäische Parlament und der Bundestag haben sich vorgenommen, bis 2030 Obdach- und Wohnungslosigkeit abzuschaffen. Für Hahmann ist das ein unerreichbares Ziel, solange konkrete Schritte und ausreichende Mittel fehlen. Sie appelliert an Bundesbauministerin Verena Hubertz (SPD), den Nationalen Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit endlich mit Leben zu füllen.
Zahlen steigen weiter
Dass die Lage sich zuspitzt, zeigt auch die amtliche Statistik. Zum 31. Januar 2025 waren rund 474.700 Menschen in Notunterkünften, Sammelheimen oder bei Bekannten untergebracht – ein Plus von acht Prozent gegenüber dem Vorjahr. Für die Betroffenen bedeutet das nicht nur fehlenden Wohnraum, sondern oft auch den Verlust von Sicherheit, Stabilität und Perspektive.
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