Die deutschen Automobilhersteller stehen nach Meinung des Ökonomen Jens Südekum vor den Konsequenzen jahrelanger Fehlentscheidungen. „Das ist die Quittung für die Managementfehler der letzten zehn bis 15 Jahre“, so der Professor für internationale Volkswirtschaftslehre im Handelsblatt-Interview.

Die Nachfrage nach Elektroautos befindet sich aktuell im freien Fall. Insbesondere die starke Konkurrenz aus China verschaffte sich zuletzt durch ein überlegenes Preis-Leistungs-Verhältnis deutliche Wettbewerbsvorteile gegenüber europäischen Herstellern wie VW, Mercedes und BMW. Allesamt mussten ihre Jahresprognosen erheblich nach unten korrigieren. Volkswagen hat bereits erste Sparmaßnahmen ins Auge gefasst, darunter mögliche Werksschließungen und betriebsbedingte Kündigungen.

In Deutschland ist die Lage besonders dramatisch: Im August brachen die Neuzulassungen von Elektroautos um fast 70 % ein, während die Zahlen im gleichen Monat des Vorjahres noch Rekordhöhen erreichten. Auch in Österreich zeigt sich ein deutlicher Rückgang: Im August 2024 wurden lediglich 3.100 neue vollelektrische Fahrzeuge zugelassen, was einem Rückgang von etwa 9 % im Vergleich zum Vorjahr entspricht.

Der Ökonom Jens Südekum im Interview.IMAGO/IMAGO / IPON

Werksschließungen und betriebsbedingte Kündigungen seien laut Südekum keine langfristige Lösung, sondern nur kurzfristige Notmaßnahmen. Stattdessen müsse sich VW auf wettbewerbsfähige Produkte, insbesondere günstigere Elektroautos, konzentrieren. Zudem warnt er vor einem zweiten „China-Schock“, da China massiv in strategisch wichtige Industriezweige investiert und den Weltmarkt mit „Dumpingpreisen‟ überflutet.

Südekums Standpunkt – Kritik an der Politik

Südekum hält zudem die aktuell politisch diskutierten Lösungsansätze zur Bewältigung der Krise für verfehlt. Die Forderung der Union, die ab 2025 geltenden Flottengrenzwerte auf später zu verschieben, sende die falsche Botschaft, so der Ökonom: „Das vermittelt den Herstellern, dass sie weiterwursteln können, ohne etwas ändern zu müssen.“ Auch die Abwrackprämie, die von der SPD ins Spiel gebracht wurde, kritisiert er scharf, da sie vor allem Besserverdiener subventioniere.

Um der Branche wirklich zu helfen, fordert Südekum kreditfinanzierte Steuerprämien für Unternehmen. „Allerdings nur für diejenigen, die tatsächlich in zukunftsweisende Projekte investieren.“ Dafür müssten allerdings neue Mittel bereitgestellt werden, wofür die Regierung entweder die Schuldenbremse reformieren oder ein neues Sondervermögen auflegen müsse.