Digitale Abhängigkeit: Wie globale Handelskonflikte Deutschland in die Defensive drängen
Während sich die geopolitischen Spannungen zwischen den großen Wirtschaftsmächten weiter verschärfen, wächst in deutschen Unternehmen eine stille, aber tiefgreifende Sorge: Was passiert, wenn morgen die Lieferketten einbrechen – nicht bei Rohstoffen oder Energie, sondern bei den digitalen Fundamenten moderner Wirtschaft? Eine aktuelle Bitkom-Befragung zeigt ein Bild, das kaum alarmierender sein könnte.
Die Bundesrepublik ist in einem zentralen Bereich verletzlicher denn je: Nur ein kleiner Teil der Unternehmen könnte ohne digitale Technik aus dem Ausland überhaupt langfristig existieren. Inmitten globaler Handelskriege, Exportkontrollen und geopolitischer Lagerbildung wird diese Abhängigkeit zu einer echten Schwachstelle – besonders im Hinblick auf China.
Der Branchenverband Bitkom ließ im Herbst mehr als 600 Unternehmen befragen – und die Ergebnisse sprechen eine deutliche Sprache: Nur vier Prozent der Betriebe wären dauerhaft funktionsfähig, wenn Importe digitaler Technologien oder Dienstleistungen ausblieben.
93 Prozent sind „stark“ oder „eher stark“ auf externe Anbieter angewiesen. Und das betrifft nicht nur Spezialsoftware oder Halbleiter, sondern die komplette digitale Grundausstattung: Cloud-Dienste, Betriebssysteme, KI-Services, Datenverarbeitung, Chip-Infrastruktur und Telekommunikationstechnik.
Die Situation verschärft sich
Die Abhängigkeiten haben innerhalb weniger Monate weiter zugenommen. Heute stufen 51 Prozent der Unternehmen ihre Bindung an US-Technologien als hoch ein – und ebenso viele sehen sich stark abhängig von China. Zu Jahresbeginn lagen diese Werte noch deutlich niedriger.
Inmitten des Handelskonflikts geraten deutsche Firmen zunehmend unter Druck
Die beiden wichtigsten Herkunftsländer – die USA und China – stehen selbst in einem technologischen Machtkampf. Washington verhängt Exportkontrollen, Peking kontert mit Einschränkungen bei seltenen Erden und Sondermetallen.
Deutschland steckt zwischen den Fronten: Ein Land, das weder Chipproduktion noch digitale Schlüsseltechnologien in nennenswertem Umfang selbst bereitstellt, ist im Ernstfall kaum handlungsfähig.
Ein plötzlicher Ausfall hätte dramatische Folgen: Ohne US-Digitaltechnik könnten deutsche Firmen etwa zwölf Monate überleben, ohne China nur rund elf Monate. Binnen eines Jahres stünde ein Großteil der Wirtschaft still.
Vertrauen schwindet – besonders in die Tech-Supermächte
Die Abhängigkeit wächst, das Vertrauen sinkt. Nur noch 38 Prozent vertrauen US-Anbietern – ein deutlicher Rückgang gegenüber Jahresbeginn. Bei China ist das Bild noch ernüchternder: 70 Prozent haben kaum oder kein Vertrauen.
Als verlässlicher gelten Japan, Frankreich und andere EU-Staaten – doch auch hier fehlen oft die technologischen Kapazitäten, um die Lücken zu schließen.
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