Dilemma bei Bayer: Der Fall eines Industrie-Giganten
Einst war Bayer der strahlende Stern am Himmel der deutschen Wirtschaft. Doch heute kämpft der Leverkusener Chemie- und Pharmakonzern mit enormen Schulden, dramatischem Wertverlust und den Folgen der Monsanto-Übernahme.
Am 7. Juni 2018 besiegelte Bayer den Kauf des US-Saatgutherstellers Monsanto für astronomische 63 Milliarden Dollar. Dieser Schritt sollte Bayer vor einer möglichen Übernahme durch den Konkurrenten Pfizer schützen und das Unternehmen als globalen Player stärken. Doch was als strategischer Coup geplant war, brachte Bayer einen Tsunami an Problemen.
Mit dem Monsanto-Deal kam auch die Kontroverse um das Unkrautvernichtungsmittel „Roundup“ und seinen Wirkstoff Glyphosat ins Haus. In den USA brach eine wahre Klagewelle über Bayer herein. Bayer-Chef Bill Anderson gibt zu, dass der Konzern infolge dessen jährlich mehr für Rechtsstreitigkeiten ausgibt, als in Forschung und Entwicklung investiert wird – und das bei 2,4 Milliarden Euro Forschungsetat.
Vom Börsenstar zum Schatten seiner selbst
Der Börsenwert von Bayer ist in den vergangenen Jahren dramatisch eingebrochen – von einst 120 Milliarden Euro auf ernüchternde 20 Milliarden. Am 19. November erreichte die Aktie mit 19,96 Euro den tiefsten Stand seit zwei Jahrzehnten. Analysten warnen vor weiteren Rückgängen, während Hedgefonds wie D.E. Shaw aggressiv auf einen weiter fallenden Kurs setzen.
„Durch den Monsanto-Kauf hat man die ganzen Rechtsrisiken in den Konzern geholt“, moniert Ingo Speich von Deka-Investment. Hinzu kommt die enorme Schuldenlast, die mittlerweile auf 35 Milliarden Euro angewachsen ist. Diese finanzielle Belastung schränkt Bayer erheblich ein, insbesondere bei strategisch wichtigen Zukäufen im Pharmasegment.
Zwei Problemfelder und ein auslaufendes Patent
Bayers Kernbereiche, Pharma und Agrar, zeigen beide Schwächen. Während die Agrarsparte von den Glyphosat-Problemen und dem schwächelnden Standort Deutschland belastet ist, droht der Pharmasparte weiteres Ungemach: Das Patent für den Blutverdünner Xarelto, ein milliardenschwerer Kassenschlager, läuft bald aus. Ein Nachfolgeprodukt? Bislang Fehlanzeige. Ascan Iredi von der Plutos Vermögensverwaltung bringt es auf den Punkt: „Es fehlt an einer starken Pipeline.“ Die Probleme summieren sich.
Ausblick: Bayer vor dem Abgrund
Der einstige Vorzeigekonzern steht an einem Wendepunkt. Ob Andersons Reformen greifen und ob Bayer sich aus diesem Schlamassel befreien kann, bleibt fraglich. Sicher ist nur: Die Geschichte des Monsanto-Kaufs wird als eines der größten Fehlinvestitionen der deutschen Wirtschaftsgeschichte in die Annalen eingehen.
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