Egoismus, Profitgier, Ungleichheit: Was Österreicher vom Kapitalismus halten
In dieser Woche ist das Buch “Die 10 Irrtümer der Anti-Kapitalisten” des Bestseller-Autors Rainer Zitelmann erschienen. Es kontert gängigen Vorwürfen der Kapitalismuskritiker. Der Autor sprach mit eXXpressTV über das Buch und analysiert, wie laut einer Umfrage die Österreicher über den Kapitalismus denken.
Der Kapitalismus macht nur einige wenige reich, er gefährdet die Demokratie, belastet die Umwelt, fördert Egoismus und Profitgier, führt zu Kriegen und lässt einige wenige Monopole entstehen. Das sind die gängigsten Vorwürfe gegen den Kapitalismus – und sie sind alle falsch, sagt der Bestsellerautor Rainer Zitelmann (64) im Interview mit eXXpressTV. In seinem jüngsten Buch “Die 10 Irrtümer der Anti-Kapitalisten” ist er diesen Vorwürfen entgegengetreten.
Zitelmann ließ für sein Buch auch eine Umfrage durchführen, um die besonders verbreiteten Vorstellungen über den Kapitalismus zu ermitteln. Das förderte auch bemerkenswerte Einsichten über Österreich zutage. Wir bringen Zitelmanns Analyse dazu, die er extra für den eXXpress verfasst hat.
Rainer Zitelmann: So denkt man in Österreicher über den Kapitalismus:
Kapitalismus wird heute mit allen schlimmen Dingen auf der Welt in Verbindung gebracht. Der Begriff ist zum Synonym für das Böse schlechthin geworden. Der Kapitalismus hat nicht viele Freunde auf der Welt – und dies, obwohl er so erfolgreich war wie kein anderes Wirtschaftssystem der Menschheitsgeschichte.
Österreicher denken bei Kapitalismus an Herrschaft der Reichen, Egoismus und Profitgier
Ich habe die Meinungsforschungsinstitute Allensbach (Deutschland) und Ipsos MORI (London) beauftragt, in 14 Ländern die Menschen nach ihren Meinungen zum Kapitalismus zu fragen. Befragt wurden in jedem Land etwa 1000 repräsentativ ausgewählte Personen. Insgesamt wurden 14.672 Personen zwischen Juli und September 2021 befragt.
Die neun Aussagen über den Kapitalismus, die in Österreich die meiste Zustimmung bekamen, sind alle negativ (Grafik 1). Kapitalismus bedeutet für Österreicher Herrschaft der Reichen, Egoismus und Profitgier, führt zu steigender Ungleichheit und verführt Menschen dazu, Produkte zu kaufen, die sie gar nicht brauchen. Und natürlich führt Kapitalismus zu Monopolen, Umweltzerstörung, Klimawandel, Hunger, Armut, Krisen und Kriegen. Man könnte glauben, die Befragten hätten alle einen Kurs in marxistisch-leninistischer Theorie belegt:
Aussagen über den Kapitalismus in Österreich
Die häufigsten Antworten sind durchwegs negativ. Erst dahinter kommen die positiven.
Deutsche und Österreicher denken ähnlich über den Kapitalismus
Nur zwölf Prozent der Österreicher glauben, der Kapitalismus habe in vielen Ländern die Lage der einfachen Menschen verbessert, doppelt so viele sagen, Kapitalismus sei verantwortlich für Hunger und Armut. Dabei lag die Quote der Menschen, die in extremer Armut leben, vor Entstehung des Kapitalismus vor etwa 200 Jahren noch bei 90 Prozent und heute liegt sie unter zehn Prozent! In meinem aktuellen Buch “Die 10 Irrtümer der Antikapitalisten” habe ich mich mit jeder einzelnen dieser Behauptung kritisch auseinandergesetzt.
Übrigens: Deutsche und Österreicher mögen bei manchen Dingen sehr unterschiedlich denken, aber nicht, wenn es um den Kapitalismus geht. Auch das hat unsere Befragung gezeigt (Grafik 2). Aus den Antworten auf 34 Fragen wurde ein “Kapitalismus-Koeffizient” berechnet: Eine Zahl größer als 1 bedeutet, dass in einem Land die Kapitalismus-Anhänger in der Mehrheit sind – so wie in Polen und den USA. Ein Land mit einem Wert, der kleiner ist als 1 zeigt, dass es mehr Antikapitalisten gibt. In Deutschland und Österreich ist der Wert mit 0,72 identisch.
In neun von 14 Ländern, wo die Befragung durchgeführt wurde, ist die Zustimmung zum Kapitalismus größer als in Österreich und Deutschland – nur unwesentlich größer in Italien, aber deutlich größer zum Beispiel in Schweden und vor allem in Polen (Grafik 2). Nur in Spanien und Frankreich ist die Stimmung noch stärker antikapitalistisch als in Österreich und Deutschland.
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