Einzelhandel im freien Fall: Ostdeutscher Traditions-Discounter rutscht in die Insolvenz
Der deutsche Einzelhandel steht unter massivem Druck: Immer mehr Geschäfte halten dem Preisdruck, der Konsumflaute und der Verlagerung hin zum digitalen Konsum nicht mehr stand. Mit der ostdeutschen Discounter-kette Groschen-Markt meldet nun ein Traditionsunternehmen Insolvenz an, das über 30 Jahre lang in strukturschwachen Regionen als fester Bestandteil des lokalen Handels galt.
Die DEC Handelsgesellschaft mbH, Betreiber von 47 Groschen-Märkten in Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg, hat ein Insolvenzverfahren beantragt. Obwohl die wirtschaftliche Lage kritisch ist, bleiben alle Filialen zunächst geöffnet. Rund 200 Mitarbeiter wurden darüber informiert, dass ihre Löhne bis Februar über das Insolvenzausfallgeld abgesichert werden.
Insolvenzverwalter Olaf Spiekermann betont, dass der Geschäftsbetrieb stabilisiert und der Fortbestand gesichert werden solle – ein Ziel, das angesichts der Marktlage jedoch ambitioniert erscheint.
Warum die Kette scheiterte: Konsumflaute und ruinöser Online-Preiskampf
Die Unternehmensführung führt die prekäre Situation auf drei Entwicklungen zurück, die sich inzwischen zu einer existenziellen Bedrohung für stationäre Händler verdichtet haben. Zum einen kaufen die Menschen spürbar zurückhaltender ein – ein Trend, der Billigketten besonders hart trifft, weil schon minimale Umsatzverluste ihre ohnehin knappen Margen zunichtemachen.
Hinzu kommt der tiefgreifende Wandel im Konsumverhalten: Immer mehr Käufer wandern zu digitalen Plattformen ab. Dort dominieren extrem preisaggressive Anbieter wie Temu, Shein oder große asiatische Marktplätze, die Waren zu Konditionen anbieten, mit denen lokale Geschäfte unmöglich konkurrieren können. Die Realität ist simpel: Wer heute einen Schraubenzieher, einen Kerzenhalter oder einen simplen Küchenschwamm sucht, bekommt ihn online oft zum halben Preis – bequem bis an die Haustür geliefert. Für traditionelle Billigmärkte entsteht daraus ein permanenter Überlebenskampf, den immer mehr von ihnen verlieren.
Filialnetz unter Druck – lokale Verwurzelung reicht nicht mehr
Groschen-Markt war über Jahrzehnte als „Lieblingsmarkt um die Ecke“ bekannt, mit persönlicher Atmosphäre und unkompliziertem Sortiment für Haus und Garten. Doch selbst diese Nähe zu den Kunden konnte die wachsende Abwanderung ins Digitale nicht aufhalten
Einzelhandel in Deutschland: Insolvenzen auf „Neunjahreshoch‟
Der Fall Groschen-Markt steht sinnbildlich für eine Entwicklung, die längst weit über einzelne Unternehmen hinausreicht. Zwischen August 2024 und August 2025 meldeten 2.490 deutsche Händler Insolvenz an – nur knapp unter dem bisherigen Höchststand von 2016. Eine Analyse von Allianz Trade zeigt zwar, dass sich die Geschwindigkeit dieser Insolvenzwelle inzwischen leicht verlangsamt, doch das Niveau bleibt bedenklich hoch. Fast überall in Europa kämpft der stationäre Handel ums Überleben, doch in Deutschland wirkt der Druck besonders stark: hohe Standort- und Energiekosten, eine dauerhaft gedrückte Konsumlaune und aggressive Konkurrenz aus Asien setzen den Betrieben massiv zu.
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