Die Abgeordneten sprachen sich bei ihrer Plenarsitzung in Straßburg mit großer Mehrheit für einen entsprechenden Vorschlag der EU-Kommission aus. Die Parlamentarier fordern aber eine Überprüfung, ob eine solche Abgabe nicht letztlich von hiesigen Verbrauchern bezahlt werden müsse.

Die Parlamentarier sprachen sich auch dafür aus, die derzeitige Zollbefreiung für Waren im Wert von weniger als 150 Euro abzuschaffen. Zudem sollten Händler aus Drittstaaten davon überzeugt werden, selbst Lagerhäuser innerhalb der EU einzurichten, um Kundenlieferungen zu bearbeiten. So wolle man Anreize schaffen, Pakete nicht mehr einzeln, sondern gebündelt in die EU zu schicken und dadurch das Paketaufkommen reduzieren.

Barley: "Erster Schritt, um Shein und Temu in die Pflicht zu nehmen"

Mithilfe der Maßnahmen wolle man die europäischen Zollbehörden entlasten, die angesichts einer Flut von täglich zwölf Millionen in der EU ankommenden Paketen laut Parlament Schwierigkeiten haben, Sicherheitsstandards der Produkte in der EU zu garantieren.

Stichproben zeigten, dass in neun von zehn Fällen EU-Schutzvorschriften verletzt werden, sagte Katarina Barley (SPD), Vizepräsidentin des EU-Parlaments. “Es geht um mangelhafte Qualität, toxische Chemikalien und fehlerhafte Elektronik, die eine Gefahr für Konsumentinnen und Konsumenten darstellen. Die geplanten Gebühren sind ein erster Schritt, um Plattformen wie Temu oder Shein in die Pflicht zu nehmen.” Temu und Shein sind große Online-Marktplätze aus Fernost.

Die Maßnahmen werden nun in den Verhandlungen zwischen dem EU-Parlament und dem Rat über eine Reform des EU-Zollregimes diskutiert. Auch die EU-Staaten hatten sich zuletzt für eine Abgabe starkgemacht, deren konkrete Höhe jedoch offengelassen.

Stimmen aus Österreich

Forderungen nach einem Ende der Zollbefreiung waren auch von Handelsvertretern aus Österreich gekommen. “Jede Maßnahme, die die Paket-Flut von außerhalb Europas eindämmt, ist daher im Sinne des heimischen Handels”, hieß es in einer Aussendung von Rainer Trefelik, Obmann der Bundessparte Handel in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ). Er verwies auf das aggressive Wachstum chinesischer Plattformen, gegen das auch der Handelsverband stets ein Vorgehen über Zölle und Co forderte.

EU-Abgeordnete Sophia Kircher, Binnenmarktsprecherin der ÖVP-Delegation im EU-Parlament, verwies anlässlich der heutigen Annahme des Forderungskatalogs darauf, dass 91 Prozent der Packerln mit Billigprodukten in der EU im Vorjahr aus China stammten. Insgesamt seien es rund 4,6 solcher Pakete mit einem Wert unter 150 Euro gewesen. Das bedeute eine Verdoppelung gegenüber 2023 und eine Verdreifachung gegenüber 2022. “Diese Dumping-Warenflut (…) verdrängt lokale Händler, verzerrt den Wettbewerb und viel zu oft ignorieren diese Produkte nicht nur unsere hohen europäischen Sicherheits- und Gesundheitsstandards, sondern sind wirklich gesundheitsschädlich und weisen gravierende Mängel auf”, so die EVP-Poltikerin in einer Aussendung.

Temu und Shein sind große Online-Marktplätze aus Fernost.GETTYIMAGES/Kontributor

SPÖ-EU-Abgeordnete Elisabeth Grossmann sprach von einem Überschwemmen mit Billigprodukten durch die einschlägigen China-Plattformen. “Die 150-Euro-Freigrenze wird von den Plattformen systematisch ausgenutzt, indem große Bestellungen in Minipakete gestückelt werden, um Einfuhrabgaben zu umgehen. Etwa 12 Millionen kleine Pakete aus dem Online-Handel kommen täglich aus Drittstaaten bei uns an – damit muss jetzt Schluss sein”, forderte sie engmaschige Kontrollen für den digitalen Handel im Sinne des Konsumentenschutzes.

NEOS-Europaabgeordneten Anna Stürgkh sagte, wer den europäischen Binnenmarkt nutze, müsse sich auch an die hiesigen Regeln halten. “Genau deshalb arbeiten wir auf EU-Ebene im Rahmen des Produktsicherheitsberichts daran, dass mit Hilfe von Kooperation und einer europäischen Zollbehörde Konsumentinnen und Konsumenten und Unternehmen geschützt werden.” Konsumentinnen, Konsumenten und Unternehmen in Europa müssten geschützt werden.

Wirtschaftsminister sieht wichtiges Signal des EU-Parlaments

Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) sieht heimische Forderungen durch das EU-Parlament unterstützt und darin ein wichtiges Signal für fairen Wettbewerb. “Wir haben uns auf nationaler wie europäischer Ebene seit Langem für ein Ende der Zollfreigrenze starkgemacht.” Ein Aus der Zollbefreiung und die Abgabe pro Packerl würden sowohl Wirtschaft als auch Verbraucher schützen. “Europa muss sich vor Dumpingstrategien schützen – die Entscheidung des EU-Parlaments ist ein Schritt in die richtige Richtung”, so der Regierungspolitiker.

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