Die Landwirtschaft in Europa soll künftig von einem spürbaren Bürokratieabbau profitieren. Darauf einigten sich Vertreter des EU-Parlaments und der Mitgliedsstaaten nach intensiven Verhandlungen in Brüssel. Ziel sei es, Landwirte zu entlasten und die Auszahlung von Agrarförderungen zu vereinfachen.

Vor allem kleine und mittlere Betriebe sollen künftig leichter an Fördermittel gelangen. Auch für Biobauern soll das komplizierte Antragswesen verschlankt werden. „Das neue System wird weniger Kontrollen und mehr Vertrauen in die Betriebe bringen“, erklärte die dänische Ratspräsidentschaft, die derzeit den Vorsitz im EU-Rat innehat.

Künftig dürfen Mitgliedsstaaten außerdem in Krisenzeiten – etwa bei Überschwemmungen, Dürreperioden oder Schädlingsbefall – schneller finanzielle Unterstützung leisten, um den Fortbestand betroffener Höfe zu sichern. Die EU Kommission rechnet damit, dass durch den Abbau bürokratischer Hürden europaweit Einsparungen von bis zu 1,6 Milliarden Euro jährlich erzielt werden können. Auch nationale Behörden sollen demnach rund 200 Millionen Euro an Verwaltungskosten sparen.

Erleichterungen mit langer Vorgeschichte

Die neuen Maßnahmen knüpfen an frühere Reformen an. Bereits im vergangenen Jahr hatte Brüssel nach massiven Bauernprotesten Lockerungen bei den Umweltauflagen beschlossen. Kleinere Betriebe wurden von Kontrollen befreit, um die Belastung zu senken. Der Druck auf die Politik war groß – viele Landwirte klagten über überbordende Auflagen, während gleichzeitig die Produktionskosten stiegen.

Die nun beschlossenen Entlastungen gelten daher als weiterer Versuch, das Vertrauen zwischen Landwirtschaft und EU-Institutionen wiederherzustellen. „Die Bauern leisten einen wichtigen Beitrag zur Ernährungssicherheit und dürfen nicht länger unter einem Wust an Formularen ersticken“, heißt es aus Kommissionskreisen.

Deutschlands Landwirte kämpfen gegen steigende Kosten

Doch während Brüssel den Bürokratieabbau feiert, bleibt die Lage vieler Landwirte – insbesondere in Deutschland – angespannt. Die Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf 13,90 Euro im Jahr 2026 und auf 14,60 Euro ab 2027 belastet die Branche erheblich.

Besonders betroffen sind arbeitsintensive Bereiche wie der Obst-, Gemüse- und Weinbau, wo ein Großteil der Arbeit noch manuell erfolgt. Für viele Betriebe werden die steigenden Löhne zur existenziellen Herausforderung. „Die Erhöhung ist in dieser Form schlicht nicht tragbar“, heißt es aus landwirtschaftlichen Verbänden.

In Baden-Württemberg etwa ist die Anbaufläche für Sonderkulturen wie Spargel oder Erdbeeren seit 2015 deutlich geschrumpft. Die Gründe liegen auf der Hand: hohe Arbeitskosten, teure Energie und stagnierende Produktivität. Die angekündigten EU-Erleichterungen beim Papierkram können diese strukturellen Probleme kaum ausgleichen.