London setzt auf Zuckerssteuer: Gesundheitspolitik oder neue Einnahmequelle?
Großbritannien präsentiert eine neue Runde der sogenannten Zuckerreform – offiziell als Beitrag im Kampf gegen Fettleibigkeit, tatsächlich jedoch eingebettet in ein massives Steuerpaket der Regierung.
Während Gesundheitsminister Wes Streeting von einem „entscheidenden Schritt gegen die Fettleibigkeitsepidemie“ spricht, weist der Haushaltsentwurf eine ganz andere Realität aus: London sucht nach zusätzlichen Geldmitteln, und die Ausweitung der Zuckerabgabe liefert einen willkommenen Beitrag.
Ausweitung der Steuer: Milchshakes im Fokus, Staatskasse im Hinterkopf
Die britische Regierung plant, die bestehende Zuckerabgabe deutlich auszuweitern. Künftig sollen auch Milchshakes, aromatisierte Milch und süße Pflanzengetränke unter die Abgabe fallen. BBC berichtet, dass die Neuregelung ab 1. Januar 2028 in Kraft treten soll.
Offiziell geht es darum, Millionen übergewichtige Kinder und Jugendliche besser zu schützen. Dennoch ist die finanzielle Komponente kaum zu übersehen: Das Finanzministerium rechnet mit Mehreinnahmen von rund 45 Millionen Pfund jährlich, sobald die Steuer greift. Eine zusätzliche Maßnahme soll den Grenzwert für steuerpflichtigen Zucker von fünf auf 4,5 Gramm je 100 Milliliter senken – ein Schritt, der abermals zusätzliche Einnahmen freisetzen dürfte.
Auch die Sonderregelung für gezuckerte pflanzliche Milchalternativen soll verschwinden. Unternehmen stehen damit vor der Wahl: Rezepte ändern oder zahlen.
Teil eines gigantischen Steuerpakets: London braucht Geld
Die Zuckerabgabe fügt sich nahtlos in ein größeres fiskalpolitisches Gesamtbild. Wie ein Bericht der britischen Haushaltsbehörde OBR enthüllt, plant die Regierung übergreifend Steuererhöhungen, die bis 2030 jährlich 26,1 Milliarden Pfund einbringen sollen.
Finanzministerin Rachel Reeves will damit ein Haushaltsloch stopfen, das seit dem Brexit und der schwachen Wirtschaftsentwicklung immer größer geworden ist. Von den zusätzlichen Milliarden sollen 15 Milliarden Pfund aus höheren Abgaben für Privatpersonen stammen, weitere 11,1 Milliarden Pfund aus neuen oder ausgedehnten Steuern wie der Zuckerabgabe.
Das politische Erklärstück, wonach Steuererhöhungen die Ausnahme bleiben sollten, ist damit endgültig passé. Bereits im vergangenen Jahr wurden 40 Milliarden Pfund an neuen Belastungen beschlossen – die größte Erhöhung seit den 1990er Jahren. Die Labour-Regierung setzt Privatpersonen als auch Unternehmen, finanziell betrachtet immer stärker unter Druck.
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