Möbelbranche im Wandel: Traditionshaus Stelzer schließt nach 106 Jahren
Ein vertrauter Name verschwindet aus dem deutschen Stadtbild: Nach über einem Jahrhundert schließt das Möbelhaus Stelzer in Kelkheim seine Türen. Das Familienunternehmen, das Generationen von Kunden mit Möbeln, individueller Beratung und regionalem Charme begleitet hat, wird im Dezember endgültig schließen.
Gegründet im Jahr 1919, galt Stelzer über Jahrzehnte als feste Größe im hessischen Möbelhandel. Schon in den 1950er-Jahren erlangte das Haus mit der Erfindung des ersten Rundbetts bundesweite Aufmerksamkeit. Doch trotz Innovationsgeist und familiärer Atmosphäre konnte sich das Unternehmen den wirtschaftlichen Verwerfungen der Gegenwart nicht länger entziehen.
„Es ist eine Entwicklung, die absehbar war“, sagt Innenarchitektin Claudia Will, die seit Jahren im Unternehmen tätig ist im Gespräch mit Merkur München. „Man gehört hier zur Familie, das wurde immer gelebt.“ Doch die Zeiten hätten sich geändert – sowohl für die Branche als auch für die Kundschaft.
Neue Konsumgewohnheiten, alte Geschäftsmodelle
Die Schließung des Traditionshauses ist kein Einzelfall. In ganz Deutschland kämpfen Möbelhändler und Hersteller mit einem tiefgreifenden Wandel im Konsumverhalten. Immer mehr Kunden bestellen ihre Einrichtung online, wo Rabatte und Sofortlieferung locken oder kaufen bei großen Ketten wie IKEA ein – während kleinere, inhabergeführte Möbelhäuser mit steigenden Energiekosten, hohen Ladenmieten und sinkenden Margen kämpfen.
Branche im Umbruch: Auch Möbelfabrik Röhr-Bush rutschte in die Pleite
Das Aus von Stelzer steht sinnbildlich für eine ganze Branche im Wandel. Die einst stolze deutsche Möbelindustrie verliert zunehmend an Substanz. Bereits im Sommer hatte die traditionsreiche Möbelfabrik Röhr-Bush aus Rietberg aus NRW Insolvenz angemeldet. Rund 150 Beschäftigte bangen dort um ihre Zukunft.
Die Ursachen sind überall dieselben: sinkende Nachfrage, hohe Energiepreise, steigende Löhne und der unaufhaltsame Trend zur Digitalisierung des Handels. Viele Kunden besuchen Möbelhäuser nur noch, um Produkte auszuprobieren – gekauft wird später im Internet.
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