Riesenärger über zweierlei Mieter – Wiener SPÖ zahlt weniger als im Gemeindebau
Aktuell wirbt die Stadt Wien für ihre niedrigen Mieten im internationalen Vergleich. Allzu gut sind die Wiener darauf nicht zu sprechen. Erstens ist der Schmäh alt – einem Reality-Check hält die Behauptung nicht stand – zweitens gönnt sich die SPÖ-Zentrale weit niedrigere Mieten als es sie selbst in Gemeindebauten gibt.
Einmal mehr wirbt die Wiener SPÖ auf Social Media mit ihren im internationalen Vergleich angeblich niedrigen Mietzinsen. Allzu gut sind die Wiener auf die Werbung aber nicht zu sprechen, und das nicht nur deshalb, weil die Mieten in den vergangenen Jahren durchaus gestiegen sind.
Niedrigere Mieten in der SPÖ-Parteizentrale als im Gemeindebau
Was vielen besonders sauer aufstößt: Es gibt einen Mieter in Wien, bei dessen Mietpreisen sogar Bewohner des Gemeindebaus neidisch werden. Dabei befindet sich dieser Mieter in einer höchst noblen Adresse.
Die Rede ist von der SPÖ-Parteizentrale in der Löwelstraße. Die Sozialdemokratie zahlt hier gerade einmal 2,39 Euro pro Quadratmeter. In der besten Innenstadtlage – Café Landtmann und Burgtheater befinden sich in unmittelbarer Nähe – wird normalerweise das Zehnfache gezahlt. Aber damit nicht genug. Ausgerechnet für die Gemeindewohnungen hat die SPÖ heuer den Mietzins erhöht – auf 6,15 Euro. Das ist nicht ganz drei Mal so viel wie in der Löwelstraße.
Wiens günstige Mietverträge sind in Wahrheit sehr alt
Dass die SPÖ so niedrige Mieten in ihrer eigenen Zentrale zahlen muss, begründet Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) mit der Dauer der Mietverträge. In Summe gehen acht Mietverträge der SPÖ bis in das Jahr 1946 zurück. Hier kommt der damals gültige Friedenszins zur Anwendung – der eben 2,39 Euro pro Quadratmeter beträgt, wie Ludwig selbst einräumt.
Die Erläuterung Ludwigs straft näher besehen Wiens Behauptung Lügen, die Mieten seien hier im Vergleich zu London, Paris oder München besonders niedrig. Das stimmt nur mit Blick auf die durchschnittlichen Netto-Mieten. Allerdings hat die Sache einen gewaltigen Haken: In Wien ist auch der Bestand an Altverträgen am höchsten. 15 Prozent (!) der Wiener Mieten haben schon länger als 30 Jahre Bestand – was statistisch enorme Konsequenzen hat.
Bei Mieten von kurzer Dauer sticht Wien nicht hervor
Man stelle sich einmal vor, Microsoft würde sich für niedrige Wartungskosten von Rechnern loben, die bereits jahrzehntealt und im Keller sind. Diese Wartungskosten interessieren keinen Kunden, der jetzt ein neues Produkt kaufen möchten.
Blickt man nun in Wien auf Mietverträge mit einer Dauer von weniger als zwei Jahren oder auch von ein wenig mehr, so liegen die Mietpreise in Wien – anders als es die Stadt vorgibt – leicht über dem österreichischen Durchschnitt. Im Vergleich zu anderen Städten sind die Mietkosten in etwa gleich hoch. Die Erzählung von den niedrigen Mieten Wiens entpuppt sich als Märchen.
Insider profitieren am meisten von den vielen Eingriffen in den Wohnmarkt
Mietendeckel und Mietpreisobergrenzen gehören in Wien – wie auch sonst – zu den bestimmenden Elementen am Wohnmarkt. Dafür lobt sich die Politik sehr gerne. Nun liegen aber mittlerweile zahlreiche Studien über die Folgen solcher Eingriffe in den Mietmarkt vor. Die Denkfabrik Brookings Institution in Washington hat in einer umfangreichen Studie ermittelt: Von solchen Eingriffen profitieren primär Insider. Im Endeffekt werden damit aber Leistbarkeit und soziale Durchmischung reduziert.
Zu den Insidern Wiens gehört zweifelsohne auch die SPÖ – und sie profitiert ebenso von den Eingriffen in diesen Markt, die sie selbst am besten kennt.
Kommentare