Sanktionen haben ein Wettrennen um russisches Öl angestoßen – zum Zorn Kiews
Sämtliche Tanker, die Russlands Öl nach Asien bringen, erzielen zurzeit höhere Gewinne, als vor der Invasion. Unter ihnen sind auch griechische Betreiber. Sie profitieren paradoxerweise von den Sanktionen. Die Ukraine ist deshalb stinksauer.
Die westlichen Sanktionen haben es nicht geschafft, russische Ölexporte zu unterdrücken. Im Gegenteil. Moskau leitet das Rohöl zu seinen mehr als willigen asiatischen Abnehmern, China und Indien, um.
Europäische Schiffseigner, insbesondere private griechische Betreiber, transportieren in den Monaten vor dem Inkrafttreten des EU-Importverbots für russisches Erdöl einen Großteil des russischen Öls. Gerade in den vergangenen zwei Monaten haben sich griechische Tankereigner verstärkt in der russischen Ölschifffahrt engagiert, um von der höheren Nachfrage nach stark verbilligtem russischen Öl in China und Indien zu profitieren.
Zurzeit verdienen Schiffseigner drei Mal so viel wie vor dem Krieg
Sobald die EU-Sanktionen gegen die Einfuhr russischen Öls auf dem Seeweg im Dezember dieses Jahres in Kraft treten, werden griechische Tankerbetreiber den Transport von russischem Öl einstellen müssen. Ein weitaus größerer Schlag gegen die russischen Ölexporte, mit dramatischen Folgen für den globalen Öltankermarkt und die Ölpreise, ergibt sich aus der zweiten Bestimmung des sechsten Sanktionspakets: EU-Betreibern wird verboten, den Seetransport von russischem Öl in Drittländer zu finanzieren.
Bis die Sanktionen in Kraft treten, transportieren europäische, insbesondere griechische Tankereigner viel russisches Öl nach Asien und verdienen dabei eine Menge Geld. Verlader aus Griechenland, China und der Türkei nutzen die Situation nach Angaben von Bloomberg eifrig aus. Durch die Verschiffung von russischem ESPO-Rohöl von Kozmino an die chinesische Küste kann ein Schiffseigner 1,6 Millionen Euro verdienen – das Dreifache dessen, was er vor dem Krieg in der Ukraine verdient hätte.
Selenskyj schimpft mit Griechenland
Die Ukraine ist darüber verärgert und macht Griechenland wegen des Transports von russischem Öl Vorwürfe: “Wir sehen, dass griechische Unternehmen fast die größte Tankerflotte für den Transport von russischem Öl bereitstellen”, sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj in einer Rede, die per Videoschaltung auf einer Konferenz in Athen übertragen wurde.
“Noch einmal: Dies geschieht genau dann, wenn eine weitere russische Energieressource als Waffe gegen Europa und gegen das Familienbudget eines jeden Europäers eingesetzt wird. Ich bin sicher, dass dies nicht im Interesse Europas, Griechenlands oder der Ukraine ist”, fügte Selenskyj hinzu.
Im kommenden Jahr dürften die Gewinne sogar noch höher sein
Griechische Schiffseigner haben zwischen dem 1. Mai und dem 27. Juni 151 russische Häfen in der Ostsee und im Schwarzen Meer angelaufen, 41 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres, wie aus Daten von Lloyd’s List hervorgeht. Fast die Hälfte aller Rohöl- und Raffinerieprodukte, die von den wichtigsten Häfen an der Ostsee und am Schwarzen Meer exportiert wurden, sind mit Schiffen von griechischen Tankereignern verschifft worden.
Den Daten zufolge ist TMS Tankers des Milliardärs George Economou der größte griechische Akteur auf dem russischen Markt und der zweitgrößte insgesamt, nach der in russischem Besitz befindlichen Sovcomflot, die unter westlichen Sanktionen steht.
Sobald die EU-Sanktionen in Kraft treten, dürfte die Nachfrage nach Öl ungebrochen hoch bleiben. Das Ergebnis: Die Tanker werden auf anderen Routen eingesetzt werden, sagt ein Geschäftsführer einer griechischen Reederei dem Wall Street Journal. “Sie werden längere Strecken zurücklegen, was bedeutet, dass sie mehr Geld verdienen werden”, fügte der Geschäftsführer hinzu.
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